DIE ERSTE GROSSE DIVA DER GESCHICHTE

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SARAH BERNHARDT

Sie war exzentrisch, extravagant und extrem erfolgreich. Sarah Bernhardt faszinierte ihr Publikum – auf und neben der Bühne. Dafür ließ die Französin keinen Skandal aus.

Carola Dorner ist Journalistin in Berlin und Dozentin an Journalistenschulen
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Das Alter tut nichts zur Sache. So zumindest sah es die erste große Diva der Bühnengeschichte. Als Geburtsjahr nannte sie mal dieses und mal jenes Datum. Denn: Was sind schon Zahlen für eine Schauspielerin, die für jede Rolle ein anderes Alter annimmt, in ein anderes Geschlecht oder eine andere Person schlüpft? In ihren Zwanzigern spielte sie 40-jährige Frauen, und mit 40 verkörperte sie zum ersten Mal den 19-jährigen Napoleon II. Ihn mimte sie noch viele Male, bis sie etwa 70 war. Alter, Geburtsdaten oder Geschlecht – das waren kleinbürgerliche Kategorien, gemacht für Menschen, die innerhalb der Ordnung blieben. Da stand sie, davon war die Diva überzeugt, meilenweit drüber.

Marie Henriette Rosine Bernhardt, wie sie als Kind hieß, wurde am 22. Oktober in Paris geboren – irgendwann zwischen 1841 und 1844. Von Anfang an war sie eine Randgestalt der Gesellschaft. Ihre Mutter war eine gut situierte Kurtisane, der Vater unbekannt. Obwohl die Mutter Jüdin war, wurde das Mädchen auf ein katholisches Pensionat geschickt. Und kurz dachte es sogar darüber nach, in den Orden einzutreten.

Als die Jugendliche zurück nach Paris kam, passte sie wieder nicht dazu. Sie war verträumt und temperamentvoll, sie glich einem verwöhnten Kind, das Süßigkeiten will und sich, wenn sie ihm versagt bleiben, schreiend auf den Boden wirft.

AUF EINEN BLICK

01 Sarah Bernhardt galt zu ihrer Zeit, im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, als eine der berühmtesten Schauspielerinnen der westlichen Welt.

02 Ob sie tatsächlich so exzentrisch war, wie sie sich zeigte, ist nicht gesichert. Womöglich sollten skandalöse Auftritte und extravagantes Verhalten ihre Berühmtheit fördern.

03 Sie war der erste weibliche Bühnenstar, der erfolgreich als Solofigur auf Tournee ging, unter anderem in den USA, wo sie auf Französisch spielte.

Sarah Bernhardt eignete sich auch wenig, in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten. Für eine professionelle Geliebte war sie zu dünn und zu wenig gefällig. Und alle Versuche der Mutter, sie zu verheiraten, schlugen fehl. Wohin mit einem Mädchen, das ständig aneckte und sämtliche Fabeln von Jean La Fontaine auswendig konnte?

WANDELFÄHIG | Sarah Bernhardt in der Rolle des Herzogs von Reichstadt aka Napoleon II. Das Theaterstück mit Namen »L'Aiglon« schrieb Edmond Rostand im Jahr 1900.
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Zum Glück hatte die Mutter hervorragende Kontakte. Sie könnte vielleicht Schauspielerin werden, schlug Charles de Morny vor. Der Freund

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