DIE RÜCKKEHR DER RIESEN

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ELCHE

Seit Jahrhunderten waren Elche in Deutschland weitgehend ausgestorben. In letzter Zeit aber wandern zunehmend Tiere über die polnische Grenze ein. Können sie sich wieder etablieren?

Kerstin Viering ist Journalistin in Lehnin, Brandenburg; zur Homepage.

INGOLF KÖNIG-JABLONSKI / DPA / PICTURE ALLIANCE

Man muss schon zweimal hinsehen, um sich zu vergewissern, dass man gerade nicht träumt: Mitten in der Kuhherde steht ein Elch. Er ragt heraus mit seinen langen Beinen, sein bärtiger, geweihgekrönter Charakterkopf fällt auf. Das ist Bert: der einzige dauerhaft in Deutschland frei lebende Elch. Wie er da so mitten in einer Kuhherde steht, wirkt der ausgewachsene Elch schon ein bisschen fehl am Platz. Zumal seine Artgenossen eigentlich als ausgesprochene Einzelgänger gelten. Doch Bert interessiert das alles nicht. Seit Jahren zieht es ihn immer wieder zu den Kühen, die im Naturpark Nuthe-Nieplitz in Brandenburg weiden.

Was er dort will, ist nicht ganz klar. Möglicherweise sucht er die Nähe zu den Nutztieren, weil er so lange kein Weibchen seiner eigenen Art gesehen hat. Denn der 2016 geborene Bulle ist ein echter Pionier. Auf eigenen Hufen hat er die polnische Grenze überschritten, im Jahr 2018 ist er in dem brandenburgischen Schutzgebiet aufgetaucht. Seither gilt er als einziger frei lebender Elch, der sich dauerhaft in Deutschland angesiedelt hat. Doch es könnte durchaus sein, dass er nicht allein bleiben wird. Denn in letzter Zeit kommen immer mehr Artgenossen aus Polen zumindest für eine kurze Stippvisite in die östlichen Bundesländer.

»Das liegt daran, dass sich die Elchbestände im Westen Polens in den letzten Jahren sehr gut erholt haben«, erklärt Leonie Weltgen von der Naturschutzorganisation WWF in Berlin. Vor allem von dem strikten Jagdverbot, das im Jahr 2001 in Kraft getreten ist, haben die Tiere massiv profitiert. Etliche Tausend von ihnen sollen inzwischen wieder durch Polen streifen. Und je mehr es werden, umso häufiger überqueren einzelne die Grenze nach Deutschland.

Sie kommen auf dem Landweg oder schwimmen durch Oder und Neiße: Wie viele dieser vierbeinigen Besucher jedes Jahr über die grüne Grenze einreisen, können auch Fachleute nur grob schätzen. »Ein bundesweites systematisches Monitoring für die Art gibt es bisher leider nicht«, sagt Leonie Weltgen. Anhaltspunkte liefern aber Berichte über Zufallsbeobachtungen, die einzelne Behörden und Freiwillige auf Länderebene zusammentragen. »Diese Daten deuten darauf hin, dass derzeit zwischen 10 und 15 Elche pro Jahr durch Deutschland streifen«, schätzt die Biologin.

Zurück in die Heimat

Die stärkste Reisetätigkeit konzentriert sich dabei auf Brandenburg. Erst am 20. Oktober 2022 staunten Anwohner am Wasserwerk der Stadt Forst in der Niederlausitz über einen Elch, der flotten Schrittes an einem hohen Zaun entlan

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