BEIM TRINKEN WAREN ALLE KELTEN GLEICH

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GESELLSCHAFT

Zumindest die Kelten auf der Heuneburg. Offenbar genossen alle Bewohner vor 2600 Jahren impor tier ten Wein und lokales Bier. Doch das gleichberechtigte Trinken war nicht von Dauer.

Karin Schlott ist promovierte Archäologin und Redakteurin für Archäologie, Geschichte und Anthropologie.

Seit den 1950er Jahren graben Archäologen in der Heuneburg, rund 100 Kilometer südlich von Stuttgart. Dabei haben die Forscher vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg auch zahlreiche Tongefäße aus der rund 2600 Jahre alten Keltenstadt geborgen. Wofür die Becher, Schalen, Kannen und Mischgefäße einst genutzt wurden, haben nun Wissenschaftler um den Archäochemiker Maxime Rageot von der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Tübingen herausgefunden.

Sie analysierten insgesamt 133 Gefäße aus dem 6. und frühen 5. Jahrhundert v. Chr. und spezifizierten die organischen Rückstände an den Wandungen. Alle untersuchten Tonwaren waren einst lokal hergestellt worden, ausgenommen sieben Gefäße, bei denen es sich um attisches Luxusgeschirr aus Griechenland handelte. Importware dieser Art nutzten die Menschen der Heuneburg erst am Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Anders verhielt es sich aber offenbar mit dem Wein aus der Mittelmeerregion. Wie Rageot und seine Kollegen in ihrem Paper in »PloS One« berichten, hatten sowohl die Bewohner der Heuneburg als auch die der umliegenden Gehöfte schon zuvor importierten Wein aus heimischen Bechern genossen. Bislang waren Prähistoriker davon ausgegangen, dass die Kelten den Wein ausschließlich aus dem zugehörigen Edelgeschirr konsumierten. Und dann auch nur die Elite. Dieser Vorstellung widersprechen nun die neuen Ergebnisse.

KELTISCHE KERAMIK | Die keltischen Hochhalsgefäße stammen aus dem 7. und 6. Jahrhunder t v. Chr. Anders als zur gleichen Zeit im Mittelmeerraum wurden diese Becher nicht auf der Töpferscheibe gefer tigt, sondern von Hand hochgezogen.
LANDESMUSEUM WÜRTTEMBERG, P. FRANKENSTEIN / H. ZWIETASCH
GRIECHISCHE TRINKSCHALE, FUNDORT: SÜDDEUTSCHLAND | Das attisch-rotfigurige Gefäß wurde um 450 v. Chr. in Athen hergestellt. Das Stück war bereits in der Antike zerbrochen und von einem keltischen Handwerker mit Goldauflagen geflickt worden. Ähnliche Gefäße fanden sich auch auf der Heuneburg.
LANDESMUSEUM WÜRTTEMBERG, P. FRANKENSTEIN / H. ZWIETASCH

An den Gefäßen der Heuneburg dokumentierten die Forscher auch Hinweise auf andere fermentierte Getränke wie Bier. Die Getränke waren zudem mit Bienenwachs vermengt worden – wahrscheinlich, um sie zu süßen. Wie die Forscher betonen, lässt sich ausschließen, dass die Kelten der frühen Eisenzeit den Wein selbst kelterten und nicht aus Südeuropa importierten. Es gibt, so die Wissenschaftler, in Mitteleuropa keine Funde von Weinpressen oder ähnlichem Winzergerät.

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