Meisterwerke der Buchkunst

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Die von den Reichenauer Mönchen angefertigten Handschriften sind heute weltbekannt. Im Skriptorium des Klosters arbeitete wohl jeweils ein ganzes Team von Künstlern an einem der wertvollen Bücher.

Der Reichenauer Mönch Anno übergibt dem Kölner Domherrn Gero eine Prachthandschrift („Gero-Kodex“, vor 969). Anhand solcher Widmungsbilder konnte eine Reihe von Hauptschreibern bzw. -malern des Reichenauer Skriptoriums identifiziert werden.
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Sign. Cod. 1948, fol. 7v) / Foto: Arne Kienzl

Anno, Eburnant, Ruodprecht, Liuthar, Heribert und Kerald – erstaunlich viele Reichenauer Hersteller von liturgischen Prachthandschriften aus dem 10. und beginnenden 11. Jahrhundert kennen wir mit Namen. Und nicht nur das: Diese Mönche wurden auch alle in ihren Werken als nicht zu übersehende Figuren malerisch dargestellt. Was wir meist nicht sicher wissen: Waren die prominent in Szene gesetzten Kleriker als Schreiber oder als Maler oder sogar als beides an der Produktion beteiligt? Heute nimmt die Forschung an, dass die genannten Mönche die verschiedenen Handschriftenprojekte wahrscheinlich leiteten, an denen pro Buch in der Regel mehrere Personen beteiligt waren.

Bereits aus der Karolingerzeit sind Schreiber bekannt

Für die namentlich bekannten Hauptschreiber gibt es sogar schon Vorläufer in karolingischer Zeit: etwa Reginbert (gest. 846), der als Bibliothekar des Klosters bereits zur Zeit Kaiser Karls des Großen und seines Sohns Ludwig des Frommen wirkte. Ihm und seinen Mitarbeitern konnte in den vergangenen Jahrzehnten eine beachtliche Anzahl von Handschriften zugewiesen werden.

Darunter sind auch anspruchsvoll ausgestattete Exemplare, insbesondere ein Evangelistar (enthält die Abschnitte der Evangelien, die während der Messe verlesen werden) und ein Psalter (enthält die Psalmen) aus der Zeit um 825 bis 830, die heute beide in der Stiftsbibliothek St. Gallen aufbewahrt werden. Reginberts lebenslang beibehaltene alamannische Minuskelschrift spiegelt noch seine Ausbildung vor dem Greifen der karolingischen Bildungsreformen wider.

Sein jüngerer Mitarbeiter, der hochbedeutende Dichter und spätere Reichenauer Abt Walahfrid Strabo, schrieb bereits die karolingische Minuskel. Großformatige figürliche Malereien finden sich, soweit wir wissen, in diesen frühen Werken nur in allerersten Ansätzen. Reginbert ließ sie wie im Fall des Evangelistars mit aufwendig ornamentierten Flechtband-Initialen im Dreiklang Gold-Silber-Rot aus



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