Fass ohne Boden

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Der DAX notiert auf Rekordniveau, doch in den Vorstandsetagen der deutschen Großkonzerne herrscht Nervosität wie selten zuvor. Die nach wie vor niedrigen Bewertungen — zumindest im Vergleich zu US-Konkurrenten — locken zum einen Aktivisten an, die Druck ausüben, um Aufspaltungen oder andere Maßnahmen zur Erhöhung von Effizienz und Margen durchzusetzen (siehe Seite 8). Zum anderen reißt Aktionären und Aufsichtsräten immer schneller der Geduldsfaden. Ein Paradebeispiel ist die Lufthansa, wo kürzlich gleich vier der sechs Vorstandsposten neu besetzt wurden.

Bezeichnend sind auch die Querelen um die Besetzung des Aufsichtsrats von Siemens Energy. Aufsichtsratschef Joe Kaeser persönlich hatte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm ermutigt, für einen Sitz im Kontrollgremium zu kandidieren. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war von dieser Idee wenig angetan, da die übrigen Mitglieder Interessenkonflikte befürchten. Die Aktionäre des angeschlagenen Unternehmens wiederum könnten sich „keine kompetentere Frau als Frau Grimm wünschen“, wie es Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz formulierte. Am Ende votierten fast alle Anteilseigner auf der Hauptversammlung für Veronika Grimm — außer der ehemaligen Konzernmutter Siemens, weshalb nur eine Mehrheit von 76,43 Prozent der Stimmen zustande kam. Besonders pikant: Siemens hatte sich zunächst in Schweigen gehüllt, trat nach der Hauptversammlung jedoch nach. Im Vorfeld des Abstimmungsverfahrens seien „zuvor nicht bekannte Bedenken öffentlich gemacht worden“, hieß es. Die Kandidatur der Wirtschaftsprofessorin war immerhin seit dem 21. Dezember öffentlich bekannt, die Bedenken des Sachverständigenrats waren auch nicht neu. Dass Siemens unzufrieden mit der Entwicklung der ehemaligen Kraftwerksparte ist, lässt sich an der katastrophalen Kurs- und Ergebnisentwicklung ablesen. Da sich die spanische Tochter Gamesa als Fass ohne Boden entpuppt, lief im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Verlust von 4,6 Milliarden Euro auf. Im November musste das

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