930 Turbo
50 Jahre Porsche Turbo
1974 lud Porsche das Wort „Turbo“ mit Attributen auf, die heute noch mitschwingen: Power, Luxus und Sex-Appeal im Überflu
Die Diskussion im Leitungsgremium kann man sich lebhaft vorstellen, als Porsche-Vorsitzender Professor Ernst Fuhrmann den Vertriebsund Marketing-Fachleuten erklärte, in welcher Form er das neue Spitzenmodell ab 1975 am Markt positionieren wollte: Nicht als gertenschlankes Sportgerät mit Magerausstattung nach Art der bisher üblichen Carrera-Versionen, sondern mit Vollausstattung, Metalliclack, Radio, Klimaanlage und Fensterhebern. Der Porsche 930 Turbo zielte damit aufs Jet Set, wo bisher die italienischen und britischen Lu- xuswagen in einem Jahrmarkt der Eitelkeiten unter sich blieben. Im Vergleich dazu wirkte die Firma Porsche mit ihrer Philosophie der sportlich-nüchternen Zweckorientierung wie eine calvinistische Kirchengemeinde mitten in Las Vegas.
Zum Biest wird er nur, wenn man ihn provoziert
Als Fuhrmann Unterstützung vom Finanzchef Branitzki erhielt, brach das Eis, so wurde es kolportiert, und Porsche öffnete sich einer Welt des Luxus und der Extravaganz. Mit Erfolg: Die Schönen, Reichen und Berühmten verliebten sich in den 911 Turbo. Ihnen kam sicher zupass, dass sich der Turbo im Alltagsverkehr lammfromm benimmt und bei zaghaftem Gaseinsatz wie ein Carrera mit Übergewicht dahinrollt. Selbst auf Landstraßen bleibt der Puls im grünen Bereich, solang e der Fahrer die alte Grundregel fürs Kurvenfahren beherzigt, langsam reinzufahren und das Gaspedal bis zum Scheitelpunkt gefühlvoll zu behandeln. Auf gerader Strecke wird der Turbo dagegen schnell zum Tier, das unser Gefühl von Raum und Zeit pulverisiert.
An dieser Charakteristik hat sich während der knapp 15-jährigen Bauzeit nie etwas Grundlegendes geändert. Die 3,3-Liter Version wirkt bloß weniger schläfrig, bevor der Lader Druck macht, der Sturm losbricht und die Seele abhebt. Porsche verkaufte diesen Kick fast 20.000 Mal.
