Anschreien ist Kindesmisshandlung

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ERZIEHUNG

Kinder leiden unter körperlicher Misshandlung und sexuellem Missbrauch oft ein Leben lang. Laut Fachleuten können Worte eine ähnlich verheerende Wirkung haben.

Wenn sich ein Kind die Ohren zuhält, sollten Eltern wieder etwas Ruhe ins Gespräch bringen.
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Christiane Gelitz ist Diplompsychologin und Redakteurin für Psychologie, Psychiatrie und Gesellschaft.

Nahezu alle Eltern sind manchmal von ihren Kindern genervt. Einige werden in solchen Momenten laut, sie schimpfen, drohen oder lassen sich zu einer bösen Bemerkung hinreißen. Diese Aggressionen können bei Kindern dauerhafte Spuren hinterlassen, warnt ein Forschungsteam aus England und den USA. Die Gruppe um Shanta Dube von der Wingate University in North Carolina fordert deshalb, verbale Übergriffe nicht länger als zulässige Erziehungsmaßnahme zu betrachten, sondern als eine Form der Misshandlung – wie Vernachlässigung, körperlicher oder sexueller Missbrauch.

Die Epidemiologin und ihr Team hatten im Auftrag der britischen Wohltätigkeitsorganisation »Words Matter« mehr als 150 Studien gesichtet. Mehrheitlich ging es darin um verbale Übergriffe von Eltern gegenüber ihren Kindern, am häufigsteninFormvonAnschreienoderBrüllen. Dazu zählten unter anderem auch Schimpfen, Fluchen, Drohen, Beleidigen, Demütigen, Schuldzuschreibungen und abwertende Kommentare, wie die Gruppe erläutert. Bei verbalen Misshandlungen komme es nicht allein auf die Lautstärke an, sondern auch auf den Tonfall, den Inhalt der Worte und ihre Wirkung.

Beispiele gibt einevon »Words Matter« vorgestellte Umfrage unter jeweils mehr als 1000 Erwachsenen und Kindern ab elf Jahren in Großbritannien. Demnach empfinden es die meisten Kinder als besonders verletzend, wenn sie als nutzlos oder dumm bezeichnet werden. Rund 40 Prozent berichteten, regelmäßig böse Worte von Erwachsenen zu hören, jedes zehnte Kind davon sogar täglich. 65 Prozent der Eltern räumten solche verbalen Aussetzer ein.

Je etwa zwei von drei betroffenen Kindern gaben an, danach traurig zu sein oder an Selbstvertrauen verloren zu haben. Immerhin glaubten mehr als die Hälfte nicht, dass die Erwachsenen sie absichtlich so behandelten; sie machten Geldsorgen oder anderen Stress

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