Evolution der Giganten

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SAUROPODEN

Die größten Landtiere aller Zeiten erschütterten einst den Erdboden. Wie schafften es die Sauropoden, derar t riesig zu werden?

CHASE STONE / SCIENTIFIC AMERICAN SEPTEMBER 2023

Unter allen Tieren, die einst unseren Planeten bevölkerten, halten die langhalsigen und langschwänzigen Sauropoden den Größenrekord. Kein anderes Landtier hat jemals auch nur annähernd ihre kolossalen Ausmaße erreicht. Sie stellten alle übrigen Dinosaurier in den Schatten, egal ob schnabeltragende Hadrosaurier, gehörnte Ceratopsier, gepanzerte Ankylosaurier oder räuberische Tyrannosaurier. Und die zu den Nashornartigen gehörende Säugetiergattung Paraceratherium, die mit einem Gewicht von bis zu 20 Tonnen die größten Landsäugetiere aller Zeiten stellte, erscheint im Vergleich zu manchem Sauropoden als Leichtgewicht.

Für einen Evolutionsbiologen wie mich stellen die Sauropoden eine faszinierende Besonderheit dar. In der Evolutionsgeschichte wimmelt es von Beispielen für das Phänomen der Konvergenz, bei der sich dasselbe Merkmal unabhängig voneinander in mehreren Gruppen von Lebewesen entwickelt hat. Als klassisches Exempel gelten die muskelbetriebenen Flügel, die bei Vögeln, Fledermäusen, Flugsauriern und Insekten entstanden. Die einzelnen Skelettbauteile der Flugapparate unterscheiden sich jedoch grundlegend bei den Tiergruppen, was ihren unabhängigen evolutionären Ursprung belegt. Auch bei sehr komplexen Merkmalen tritt Konvergenz häufig auf: Warmblütigkeit, bewegliche fokussierende Augen, zweibeinige Fortbewegung, gänzlich fehlende Gliedmaßen, Werkzeuggebrauch oder Lebendgeburt tauchten in verschiedenen Tiergruppen mehrfach auf. Im Pflanzenreich sind Konvergenzen ebenfalls weit verbreitet: Fleisch fressende Pflanzen entstanden mindestens ein Dutzend Mal, Wurzeln entwickelten sich mehr als einmal, und sogar die typisch baumförmige Wuchsform, Arboreszenz genannt, wurde mehrfach »erfunden«. Vor diesem Hintergrund stellt die einzigartige Größe der Sauropoden an sich schon eine Anomalie dar. Kein anderes Landtier hat je auch nur ein Drittel des Gewichts der größten Sauropoden erreicht. Weshalb also ragten jene Dinosaurier im wahrsten Sinn des Wortes derart aus der Vielzahl der anderen Tiere heraus?

Michael D. D′Emic ist Paläontologe und außerordentlicher Professor an der Adelphi University in Garden City (US-Bundesstaat New York). Hier erforscht er vor allem die Evolution des Körperwachstums von Dinosauriern.

Die in den letzten Jahrzehnten ausgegrabenen Sauropodenfossilien liefern erste Hinweise auf mögliche Antworten. Analysen des rasch zunehmenden Fossilienbestands zeigen, wo und wann sich

Sauropoden zu Riesen entwickelten und was es ihnen ermöglichte, im Lauf ihrer fast 150 Millionen Jahre währenden Vorherrschaft immer wieder Extremmaße zu erreichen. Zudem deuten einige Funde darauf hin, dass so

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