Liebes Gehirn, konzentrier dich doch mal!

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AUFMERKSAMKEIT

Manche Menschen scheinen geradezu immun gegen Ablenkung zu sein. Andere dagegen schweifen mit ihren Gedanken ständig ab. Warum? Neurowissenschaftler kennen inzwischen die verantwor tlichen Hirnschaltkreise – und wissen, wie man sie gezielt aktiviert.

RAWKU5 / STOCK.ADOBE.COM (ERSTELLT MIT KI); BEARBEITUNG: SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT

Im Lesesaal der Universitätsbibliothek Heidelberg herrscht konzentrierte Stille. Hier und da hört man leises Tippen, Buchseiten rascheln, irgendwo seufzt jemand. Tag für Tag kommen Studierende hierher, um für eine Prüfung zu lernen, ein Referat vorzubereiten oder an der Abschlussarbeit zu schreiben. »In meiner WG bin ich ständig abgelenkt«, erzählt Hannah, die gerade in den letzten Zügen ihrer Hausarbeit steckt. Die bedächtige Atmosphäre in der Bibliothek hilft ihr, sich auf den Stoff zu fokussieren.

Dabei sind die Verlockungen, etwas anderes zu tun, groß. Allein das Smartphone bietet gigantische Ablenkungsmöglichkeiten: Was gibt es Neues auf Social Media? Kam nicht gerade eine Eilmeldung von »Spiegel Online« rein? Und sollte ich nicht noch schnell der besten Freundin antworten? Dazu kommen mancherorts endlos Reize aus der Umgebung –Gesprächsfetzen, klingelnde Handys, der Trubel draußen vor dem Fenster.

Das hat auch Florian während seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre gemerkt. Der heute 35-Jährige blickt mit Unbehagen auf diese Zeit zurück: »Tag für Tag saß ich an meinen Übungsblättern oder Hausarbeiten. Sobald ich einen Absatz – oder auch nur einen einzigen Satz –geschrieben hatte, dachte ich: ›Jetzt erst mal zu Facebook!‹ Und plötzlich war schon wieder eine Stunde rum.«

»Unser Gehirn kann nur ganz wenige Sinnesinformationen gleichzeitig aufnehmen und verarbeiten«, erklärt die Neurowissenschaftlerin Sabine Kastner, die mit ihrem Team an der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey die neuronalen Grundlagen von Wahrnehmung erforscht. Damit die Reize diesen Flaschenhals nicht nach dem Zufallsprinzip passieren, hat das Gehirn ein System entwickelt, das wir Aufmerksamkeit nennen. »Das sind eine Reihe neuronaler Mec

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