Die Leiden des alten Meisters

8 min lesen

GOETHE ALS MALER

Als Dichter ist Goethe früh eine Berühmtheit, doch er will auch als Künstler reüssieren. Italien bereist er gar als »deutscher Maler«. Bis er sich eingesteht: Ich kann es nicht.

AKG-IMAGES / PICTURE ALLIANCE

Dichter, Dramatiker, Theatermacher, Minister, Montanunternehmer, Naturwissenschaftler, Philologe: All das war Goethe – zwar mit wechselndem Erfolg, aber beharrlich. Diese Vielseitigkeit machte ihn auch international zum wohl einflussreichsten deutschen Denker.

Johann Wolfgang von Goethe aber wollte noch mehr sein als das. Besonders hatte es ihm die bildende Kunst angetan – wenn wir seinen Lebenserinnerungen glauben dürfen, bereits dem Knaben Wolfgang, der als Bürgerssohn im Wohlstand eines gebildeten Frankfurter Milieus aufwuchs. Sein Vater Johann Caspar war Kaiserlicher Rat und sammelte regionale Kunst. Johann Wolfgang Textor, sein Großvater von Mutterseite, war Schultheiß, also oberster Richter Frankfurts.

Den Siebenjährigen faszinieren die großformatigen Stiche italienischer Landschaften, die der Vater von seinen Reisen mitbringt und im Elternhaus am Großen Hirschgraben 23 im Treppenhaus aufhängen lässt. Früh pflanzen sie ihm die Sehnsucht nach Italien ein –untrennbar verbunden mit der Lust, selbst ähnlich eindrückliche Kunstwerke zu schaffen. Als französische Truppen im Jahr 1759 Frankfurt besetzen, quartiert sich der Königsleutnant (Statthalter) François de Théas von Thoranc für zwei Jahre in Goethes Elternhaus ein. Zwar gerät er über die Ereignisse des Siebenjährigen Kriegs in schweren Streit mit Johann Caspar Goethe, der nur um Haaresbreite dem Gefängnis entgeht. Aber der Graf ist ebenfalls Kunstnarr und fördert mit seiner Sammelleidenschaft gezielt lokale Maler wie Johann Conrad Seekatz, der auch die Familie Goethe einmal porträtierte.

GOETHE, GEMALT VON GEORG MELCHIOR KRAUS (UM 1775) | Das Gemälde von Georg Melchior Kraus zeigt Goethe als Mittzwanziger. Der Dichter begriff sich als genauen Beobachter. Doch er hader te zeitlebens mit seinen Fähigkeiten der zeichnerischen Umsetzung.
AKG-IMAGES / PICTURE ALLIANCE

Der kleine Wolfgang kennt die Frankfurter Talente bereits persönlich, nun malen sie direkt in seinem ausgeräumten Kinderzimmer im Haus am Hirschgraben, der Junge sitzt dabei und beobachtet. So entstehen mehr als 200 Bilder, von denen viele heute wieder in dem Haus hängen, in dem sie gemalt wurden. Der Junge lernt, genauestens hinzusehen – ein besseres Bildungsprogramm ist kaum vorstellbar. Der Graf interessiert sich sogar für »Wölfchens« Meinung.

Vom Sehen zum Machen ist es für Johann nur ein kleiner Schritt, und tatsächlich ist der junge Goethe zuerst Künstler und erst danach Dichter: Er habe sich angewöhnt, die Gegenstände wie die Künstler »in Bezug auf die Kunst anzusehen … und ich fing an, auf die ungeschickteste Weise n

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel