»Immuntherapien werden eine zentrale Rolle spielen«

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Bei etwa jedem zweiten krebskranken Menschen siedeln sich Metastasen in der Leber an. Daraus ergeben sich möglicherweise neue Behandlungsansätze. Welche das sein könnten, erläutert der Immunologe Georg Gasteiger im Interview.

KREBSMEDIZIN

LEBER mit Metastasen (Illustration).
SEBASTIAN KAULITZKI / FOTOLIA

Krebskranke, deren Leiden tödlich verläuft, sterben oft nicht am ursprünglichen Tumor, sondern an seinen Metastasen: Tochtertumoren in anderen Organen. Bei etwa jedem zweiten Krebspatienten siedeln sich Metastasen in der Leber an. Mediziner suchen nach Ansätzen, solche Tochtergeschwulste zu behandeln. Einer von ihnen ist der Immunologe Georg Gasteiger von der Uni Würzburg. Gemeinsam mit Fachleuten aus Frankreich und Italien entwickelt er Verfahren, um Lebermetastasen mit Hilfe des körpereigenen Immunsystems zu bekämpfen. Das Team erhält dafür eine der wichtigsten Forschungsförderungen der EU: einen ERC Synergy Grant in Höhe von zehn Millionen Euro über sechs Jahre. Im Gespräch mit »Spektrum« verrät Gasteiger, worüber er forscht und welche Ansätze sich daraus für die Krebsmedizin ergeben könnten.

Herr Gasteiger, Sie forschen über Krebserkrankungen und welche Rolle Metastasen dabei spielen. Sehr viele Tumoren streuen in die Leber – warum ist das so?

Das hat verschiedene Gründe. Wenn Metastasen entstehen, also Absiedlungen eines bösartigen Tumors, verlassen sie ihren Ursprungsort und wandern in ein anderes Organ. Das können sie entweder über Lymphgefäße tun, dann landen sie im nächsten Lymphknoten. Oder sie bewegen sich über die Blutbahn. Der Leber fließt arterielles Blut vom Herzen zu, sie bekommt aber auch Blut aus dem Verdauungstrakt. Tumoren zum Beispiel des Dickdarms streuen deshalb häufig in die Leber: Für sie ist dieses Organ sozusagen die erste Station stromabwärts.

Welche Gründe gibt es noch?

Das Blut, das unser Verdauungssystem verlässt, passiert erst einmal die Leber, wird dort überwacht und verstoffwechselt. In den kleinen Blutgefäßen dieses Organs sitzen besondere Immunzellen, die genau prüfen, was mit dem Blutstrom dort ankommt. Das sind diverse Stoffe, von Nahrungsbestandteilen bis hin zu bakteriellen Substanzen, die unser Mikrobiom produziert. Die Leber sorgt dafür, dass wir diese Stoffe hinreichend tolerieren, so dass unser Organismus zwar Gifte und Infektionserreger früh erkennt, jedoch nicht auf sämtliche Moleküle der Nahrung und des Mikrobioms mit einer Abwehrreaktion antwortet. Wir wissen aus Studien

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