Im Fokus: Soziale Medien und Populismus

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Ob Instagram, TikTok oder Telegram – vor allem rechtspopulistische Parteien gehen in sozialen Medien auf Stimmenfang. Wieso sie damit erfolgreich sind und wer für ihre Posts besonders anfällig ist, sagt der Kommunikationswissenschaftler Johannes Gemkow 

Herr Gemkow, sind soziale Medien ein Schlüssel zum Erfolg der AfD?

Der Wahlerfolg rechtspopulistischer Parteien hat viele Gründe, ihre Präsenz in den sozialen Medien gehört ganz sicher dazu. Das ist empirisch gut belegt.

Woher kommt der Erfolg?

In sozialen Medien gelten erstens keine klassischen journalistischen Qualitätsstandards, was den Populistinnen und Populisten sowie extremistisch eingestellten Menschen in die Hände spielt. Zweitens hat die AfD mehr als andere Parteien begriffen, wie sich Aufmerksamkeit in sozialen Medien erreichen lässt – nämlich durch Posts, die aufregen, provozieren und emotional gestaltet sind und die nicht selten Falschinformationen enthalten. Und drittens spricht die Partei über soziale Medien Menschen an, die den k lassischen Medien misstrauen. Die Zahl dieser Menschen steigt seit dem Siegeszug der sozialen Medien vor 15 bis 20 Jahren an. 12 bis 14 Prozent der Bevölkerung stimmen inzwischen der Aussage zu, dass die k lassischen Medien wie Zeitungen oder öffentlich-rechtliches Fernsehen systematisch lügen. Und wir wissen aus der Psychologie, dass Menschen Informationen bevorzugen, die sie in ihrer ursprünglichen Meinung bestätigen.

Die sozialen Medien sind vor allem unterden jungen Leuten sehr präsent. Hat die AfD denn besonders viele jüngere Wähler?

In den Zehnerjahren und auch bei der Bundestagswahl 2021 war das nicht so. Aber bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern belief sich der Anteil der jungen Leute unter den Af D-Wählern auf 16 bis 18 Prozent. Und auch wenn die Jungen noch immer nur eine k leinere Gruppe sind, ist der Konsum rechtspopulistischer Posts ein Grund zur Sorge, weil sich in diesem Alter in der Regel die politische Identität entwickelt und verfestigt.

Warum sind gerade junge Leute für die Botschaften der AfD in sozialen Medien anfällig?

Zunächst muss man sagen: Es ist nur eine Minderheit der jungen Menschen, aber eine wachsende. Meist haben sie bestimmte individuelle psychische Eigenschaften, die sie vulnerabel für eine Radikalisierung durch rechtspopulistische Social-Media-Aktivitäten machen. Dazu gehören innere Konf likte. Sie fragen sich zum Beispiel: Bin ich wirklich ich, bin ich authentisch? Oder sie erleben Konf likte mit sozialen Normen. Manche haben eine antisoziale Einstellung oder es fehlt ihnen an Ambiguitätstoleranz, also der Fähigkeit, verschiedene existierende Weltbilder nebeneinander zu akzeptieren. Hinzu kommt, wie gesagt: Es ist das Alter, in dem sich Menschen ausprobieren, auch mit bestimmten Identitätsvorschlägen, die ihnen soziale Me

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