Die Ewigkeit der Wellen

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Surfen hilft uns, einen ruhigen Geist im wilden Meer der täglichen Herausforderungen zu bewahren. Für den Meister der Wellen Sam Bleakley ist es eine Meditation, die ihn lehrt, sich zu fokussieren und zu akzeptieren, was geschieht

TEXT CHRISTIANE SCHÖNEMANN FOTO NATE LAWRENCE ALAMY GETTY IMAGES ISTOCK FILIPE NETO MAXWELL GIFTED CAMILLE ROBIOU DU PONT/PRESTEL VERLAG STOCKSY SHUTTERSTOCK PR

Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen zu surfen“, lehrt uns Professor Jon Kabat-Zinn. Der Experte für Achtsamkeitsmeditation hat untersucht, was mit uns geschieht, wenn wir uns – wie etwa beim Surfen – mit all unseren Sinnen auf das fokussieren, was gerade geschieht. „Achtsamkeit ist von Augenblick zu Augenblick gegenwärtiges, nicht urteilendes Sein, kultiviert dadurch, dass wir aufmerksam sind. Achtsamkeit entspringt dem Leben ganz natürlich und kann durch Praxis gefestigt werden. Diese Praxis wird manchmal Meditation genannt. Doch Meditation ist anders, als wir denken”, erklärt Kabat-Zinn. Sie findet eben nicht nur in im Schneidersitz daheim statt, sondern überall, in jedem Moment, in dem wir präsent sind. Denn: Wann immer das Ego außer Kraft gesetzt wird, tritt der Musiker hinter die Musik zurück, die Malerin hinter ihr Gemälde – sie alle komponieren und zeichnen nicht länger. Nein, sie werden selbst zur Musik, sie lassen sich musizieren, werden zur Schöpferkraft. Und genau so – in diesem Zustand der entspannten Konzentration – agieren auch erfahrene Surfer wie Sam Bleakley. Sie werden eins mit dem Ozean. Sam ist Akademiker, Longboard-Champion, Autor, Dozent, Abenteurer, Jazz-Liebhaber und Vater. Er hat verstanden, dass es beim Surfen keinen Raum für das Ego-Ich gibt. Für ihn geht es um absolute Konzentration, um Hingabe, um Offenheit, um das Sich-Einlassen. Und um jene Form der inneren Gelassenheit, die Menschen durch die heftigsten Stürme des Lebens tragen kann. Sam legt uns ans Herz, uns selbst so zu vertrauen, dass wir alles Kontrollierende loslassen, unseren Widerstand aufgeben und uns vertrauensvoll den universellen Kräften des Lebens überlassen. In diesem Zustand des Wu Wei beobachten wir, wie sich alles entfaltet, registrieren, wie wir wachsen. Und beginnen zu verstehen, wer wir in Wahrheit sind. Sodass wir schließlich wie ein Surfer mutig und fokussiert selbst die mächtigsten Wellen, die größten Herausforderungen annehmen und meistern können.

Es gibt nur dich, dein Brett und das Meer

„Wenn du jemals versucht hast, auf einem Surfbrett zu stehen und deine erste Welle zu erwischen, wirst du zweifellos zustimmen, dass es fast nichts gibt, was