eckhart tolle Was fühlst du?

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FOTO JAN RICKERS

Der psychische Zustand der Angst steht mit keiner konkreten, echten, unmittelbaren Gefahr in Zusammenhang. Er äußert sich als Unbehagen, Sorge, Schrecken, Anspannung, Nervosität, Phobie. Diese Form von Angst ist nicht durch etwas begründet, was gerade geschieht, sondern durch etwas, was geschehen könnte. Du weilst mit deinen Gedanken in der Zukunft. Mit dem gegenwärtigen Augenblick kannst du immer klarkommen, aber mit etwas, das reine Projektion ist, kannst du nichts anfangen – mit der Zukunft kannst du nicht fertigwerden. Solange du dich mit deinen Gedanken identifizierst, wird dein Leben vom Ego beherrscht. Da das Ego seinem Wesen nach nur ein Phantom und trotz ausgeklügelter Abwehrmechanismen sehr unsicher und verletzlich ist, fühlt es sich ständig bedroht. Und das ist auch dann der Fall, wenn es nach außen hin vollkommen selbstsicher wirkt. Ständig übermittelt das Ego dem Körper die Botschaft: Gefahr im Verzug – ich werde bedroht! Und welche Emotion löst diese Dauerbotschaft aus? Natürlich Angst. Angst scheint viele Ursachen zu haben – da ist die Angst vor Verletzungen, Verlusten oder davor zu versagen. Letztendlich ist sie aber immer die Angst des Egos vor dem Tod, vor der Vernichtung. Selbst etwas so Triviales wie das Bedürfnis, bei einem Streit Recht zu behalten – die Verteidigung der Geisteshaltung, mit der du dich identifizierst –, ist durch die Angst vor dem Tod begründet. Dein Selbstgefühl erhält einen vernichtenden Schlag, wenn du merkst, dass du im Unrecht bist. Das kannst du dir als Ego nicht leisten.

Sobald du aufhörst, dich mit deinem Denken zu identifizieren, ist es für dein Selbstgefühl völlig uninteressant, ob du im Recht oder im Unrecht bist. Du kannst klar und deutlich sagen, was in dir vorgeht, ohne aggressiv zu werden oder eine Abwehrhaltung einzunehmen. Denn dein Selbstgefühl entspringt nun einer tieferen Wahrheit in deinem Inneren. Achte auf jede Form von Abwehrhaltung. Was verteidigst du eigentlich? Je stärker du dich mit deinem Denken identifizierst, umso mehr leidest du. Je besser du das Jetzt annehmen und würdigen kannst, umso weniger