Handbuch des inneren Loslassens

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Es ist das Pflaster auf der Wunde, bewährtes Heilmittel und die Lösung für fast alle Probleme: Loslassen! Doch genau das fällt den meisten von uns unglaublich schwer. Dabei können wir sie erlernen, die Kunst des inneren Loslassens – und aufbrechen in ein freies und selbstbestimmtes Leben

TEXT PETER RUSSELL, ZUSAMMENGESTELLT VON CHRISTIANE SCHÖNEMANN ILLUSTRATION CHRIS CHUN

Warum fällt es den meisten von uns so schwer, loszulassen? Die Schwierigkeit kommt daher, dass wir das Loslassen wie eine weitere Sache behandeln, die es zu tun gilt. Aber wir können das Loslassen nicht einfach erledigen, es machen – egal, wie sehr wir es versuchen. Um loszulassen, müssen wir das „Tun“ des Festhaltens beenden. Und das erfordert eine ganz andere Herangehensweise. Stell dir vor, du hältst einen kleinen Stein in die Luft. Ihn festzuhalten erfordert eine Anstrengung, die bedeutet, dass du die Muskeln in deiner Hand anspannen musst. Um loszulassen, entspannst du deine Muskeln und lockerst deinen Griff. Du hörst auf, festzuhalten, und das Loslassen geschieht. Mit dem Geist verhält es sich ganz ähnlich. In diesem Fall ist der Griff, den wir lockern müssen, mentaler Art – unser Festhalten an einer Haltung, einem Glaubenssatz, einer Erwartung oder einem Urteil. Es ist entscheidend, dass wir unserem Geist erlauben, sich zu entspannen – ja, im wahrsten Sinne des Wortes wieder locker zu sein. „Letzten Endes ist die Hoffnung eines jeden Menschen einfach innerer Frieden“, bringt es der Dalai Lama auf den Punkt. Es geht darum, die inneren Bedingungen zu schaffen, die es dem Geist ermöglichen, das Loslassen geschehen zu lassen.

Die Aufforderung, loszulassen, steht im Mittelpunkt der spirituellen Traditionen dieser Welt. Ergebnissen nicht anhaften, Wünschen nicht nachgeben, die Gegenwart annehmen, sich einer höheren Macht öffnen, das Ego-Denken aufgeben, Vergebung praktizieren – all das schließt Loslassen ein. Doch warum wird das Loslassen als so wichtig angesehen? Festhalten, so bestätigen uns diese Lehren ständig, schränkt unsere Wahrnehmung ein, vernebelt unser Denken und steht hinter einem großen Teil unseres Leidens. Loslassen hingegen schafft Erleichterung. Wir fühlen uns wohler und beginnen die Dinge so zu sehen, wie sie sind, da sie nicht länger von Angst oder Sorgen überlagert werden. Vor allem sind wir offener gegenüber anderen und offener für die Liebe. Wir erkennen, dass das, wonach wir durch das Festhalten gesucht haben – Sicherheit, Glück, Freude, Seelenfrieden –, die ganze Zeit da war. Doch unser Festhalten hat seine Gegenwart versc