WEM VERTRAUE ICH meine Seele AN?

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ANGSTZUSTÄNDE, DEPRESSIONEN, NERVLICHE ERSCHÖPFUNG: solche Probleme offen auszusprechen, ist gar nicht so einfach. Wir haben die Psychoanalytikerin Dr. Dunja Voos gefragt, wie man diesen mutigen Schritt wagen kann …

Frau Dr. Voos, warum ist es für viele so schwierig, über ihre psychischen Probleme offen zu sprechen?

Vielen ist es peinlich darüber zu sprechen. Vieles, was wirklich in den Menschen vorgeht, wird versteckt. Und das ist auch ein großes Problem bei Menschen mit Angststörungen, mit Depressionen: Da ist ein Innenleben aktiv, über das man nicht gerne etwas wissen will. Und diese inneren Gedanken dazu, die werden nirgends oder nur ganz selten besprochen. Das ist in unserer Gesellschaft unglaublich hart und scharf geworden.

Hat man sich früher freimütiger zu seinen Problemen bekannt?

Früher hat ein Kind eine Scheibe eingeschmissen, weil es in dem Moment auf etwas oder jemanden böse war. Heute gibt es eine Elternkonferenz und es wird überprüft, ob es nicht vielleicht ADHS hat. Der Mensch in seinem Innersten hat auch „böse“ Anteile. Wir verspüren manchmal so eine Lust, Dinge noch schlimmer zu machen: „Meine Kopfschmerzen sind schlimmer als deine.“ Das ist menschlich, ein Teil von uns – das Böse. Aber darüber wird nicht offen gesprochen. Das sehe ich auch bei Ärzten in der Psychiatrie: Die wollen schnell zum Positiven kommen mit ihren Patienten, aber diese haben oft eine große Sehnsucht danach, über das Negative zu sprechen.

Bei wem spreche ich meine Angststörungen oder Depressionen am besten an?

Ich finde oft, dass man mit Vorgesetzten relativ gut reden kann. Die meisten Patienten sagen zwar: „Das kann ich meinem Chef nicht sagen, der hat dafür kein Verständnis.“ Ich habe einige Chefs kennengelernt, die selbst eine psychische Störung haben und großes Verständnis dafür haben, wenn ein Mitarbeiter das sagt.

Betroffene, die mit Depressionen häufig ausfallen; Menschen, die aufgrund anderer Störungen starke Medikamente nehmen müssen, nach außen aber ganz „normal“ erscheinen – wann müssen diese Menschen ihr Problem ansprechen?

Ich glaube, sobald der Leidensdruck am Arbeitsplatz zu groß wird. Wenn man merkt, dass es sich nicht mehr verstecken lässt. Ich finde es oft hilfreich, wenn man nicht einfach sagt: „Ich habe eine Depression.“ Weil dann die Fantasie des Gegenübers blüht. Ist das Vertrauensverhältnis gut, kann man auch so etwas sagen wie: „Ich hatte wirklich eine sehr schwere Kindheit mit viel Gewalt. Wenn wir hier Druck an der Arbeit ha

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