Die Grünen und die Physik

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Fast 55 Jahre ist es her, als der frisch gewählte Bundeskanzler Willy Brandt mit dem Slogan „Mehr Demokratie wagen“ seine erste Regierungserklärung gegen die verkrusteten Strukturen der Nachkriegszeit abgab. Heute müsste es heißen: „Mehr Realität wagen.“

Deutschland hat ein Problem — ein Energieproblem. Und als Folge verlässt die verarbeitende Industrie massenweise das Land. „Wenn die Grünen vernünftig wären, würden sie Atomenergie vorziehen“, sagt der amerikanische Physikprofessor Steven Chu in einem Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Ahnungslosigkeit in puncto ökologische Energiethemen kann man ihm nicht so recht vorwerfen, immerhin ist er Nobelpreisträger in Physik und war Direktor des „Lawrence Berkeley National Laboratory“, bis er unter Präsident Barack Obama vier Jahre Energieminister wurde. „Ich war überzeugt, dass die Deutschen die Energie, die die Kernkraftwerke liefern, nicht ersetzen können“, führt er weiter aus, „jedenfalls nicht allein durch Erneuerbare. Ich dachte, sie würden am Ende fossile Kraftwerke dafür brauchen. Und genau das ist passiert.“

Seine Erklärung für das Dilemma: „Saisonale Speicherung ist sehr teuer, weil man die Speicher nur ein- oder zweimal im Jahr braucht. Das ist zu selten. Und wenn die Betreiber dann den Betrag in Rechnung stellen, den sie brauchen, um zu überleben, dann gehen die Kosten durch die Decke.“ Zum Standardargument, Atomkraftwerke seien zu gefährlich, erzählt er eine Geschichte: „Ich war vor einigen Monaten in Korea, dort demonstrierten die Leute dagegen, dass aus dem Atomkraftwerk in Fukushima radioaktives Wasser ins Meer abgelassen wird.“ Die Wahrheit ist: „Wenn sie viermal pro Woche Fisch essen, der aus der Drei-Kilometer-Zone stammt, in die der Atomreaktor Fukushima sein Abwasser einleitet, dann wäre ihre Strahlenbelastung geringer, als wenn sie einmal im Jahr eine Banane oder eine Schale chinesischen Blätterkohls essen, der radioaktives Kalium enthält.“ Hingegen: „Das Verbrennen von Kohle und Gas schädigt die Gesundheit schwer. Wer Kohle verbrennt, setzt Stickoxide frei und Feinstaub. Schauen Sie sich die Daten der Weltgesundheitsorganisation an. Luftverschmutzung steht bei den Ursachen für frühzeitige Todesfälle an d

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