Die tolle Knolle

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Gesunde Kartoffel

Ob gekocht, gestampft, püriert, warm oder kalt, cremig oder knusprig, als Kloß, als Gratin oder Salat, als knusprige Hülle oder samtige Füllung – die Kartoffel ist eine Verwandlungskünstlerin. Aus ihr lassen sich vielfältige Gerichte zaubern, gesund sind sie obendrein. Luka Lübke erzählt die Geschichte der Wunderknolle aus den Anden und gibt Tipps, was man in der Küche mit der Kartoffel alles anstellen kann – und was man der Gesundheit zuliebe besser sein lässt.

FOTOS: Cpro | adobestock

Die „Kartoffel“, wie man Deutsche im interkulturellen Zusammenhang mal abwertend, mal humoristisch nennt, ist wie der Spaghetto eine Migrantin aus Übersee, genauer aus Südamerika. Sie kommt aus einem Reich, das kein Geld kannte: In der Inkakultur wurden Lohn und Steuern in Arbeitsleistung oderNaturalien,wiedenbeidenGrundnahrungsmitteln Mais oder Kartoffeln, entrichtet. Arbeiterfamilien und ganze Dörfer zogen durchs Land, um eine hoch entwickelte Infrastruktur und ausgeklügelte Bewässerungssysteme zu bauen, die die Spanier staunen ließen, als sie 1532 in Peru anlandeten. Sie staunten über die hoch entwickelte Logistik und Organisiertheit des Andenvolkes, aber auch über die Kräftigkeit der Arbeiter*innen, die sich hauptsächlich von der Wunderknolle, der Papa, wie sie in Spanien heute noch heißt, ernährten. Acht andinische Ursorten gab es, aus denen durch Einkreuzen Tausende von Sorten hervorgingen, die nicht nur unterschiedliche Formen und Farben hatten, sondern auch schöne Namen trugen, etwa Waka quallu (dick wie die Zunge einer Kuh) oder Llunchy waqachi (bringt das schöne Mädchen zum Weinen).

Für die umherziehenden Arbeiter*innen waren haltbare und transportable Vorräte essenziell. So erfanden sie eines der ersten Convenience-Produkte der Welt: die Chuño, eine Art gefriergetrocknete Kartoffel, der Wasser und Bitterstoffe entzogen wurden, indem sie abwechselnd Frost und Sonne ausgesetzt und mit den Füßen gerollt wurden. Das machte sie nicht nur leichter, sondern auch nährstoffreicher – lediglich von den Vitaminen blieb nicht viel übrig. Noch heute finden Chuños Verwendung in den traditionellen Gerichten der peruanischen Küche.

Willkommen in Europa

In Nordeuropa fasste die Kartoffel schnell Fuß, was einerseits am andenähnlichen Klima, andererseits am botanischen Wissensvorsprung der Protestant*innen lag. Das beste Beispiel ist wohl Irland, wo sich die Kartoffel bis zum Ende des 17. Jahrhunderts als Grundnahrungsmittel der Landbevölkerung etablierte, denn das dort ebenfalls angebaute Getreide musste ausnahmslos an die englischen Grundbesitzer geliefert werden. Das ging so lange gut, bis 1845 eine Pilzkrankheit aus Nordamerika eingeschleppt wurde, die sogenannte Kartoffelfäule. Alle Kartoffeln verfaulten auf den Feldern und es kam zu einer Hungersnot, Great Famine genannt, bei der eine Million Menschen starben – zwölf Pro