Das ganze Artenspektrum der Wirbeltiere, die vor rund 125 Millionen Jahren nahe der Kleinstadt Balve lebten, ist in einem Steinbruch auf wenigen Kubikmetern verewigt.
von KLAUS JACOB
Der Steinbruch im Sauerland in der Nähe der Kleinstadt Balve ruht schon lange. Dichtes Unkraut hat sich an vielen Stellen breitgemacht. Kein Laster, keine Maschine lärmt mehr in dem tiefen Loch. In einem kleinen Tümpel, vom Regen gefüllt, wächst Schilf, und Amphibien haben sich angesiedelt. Doch die Menschen haben sich nicht ganz von diesem Ort verabschiedet. Wenn man genau hinschaut, erkennt man einige Zelte, die verloren auf einer Abbruchkante stehen. Daneben hantieren junge Leute, schürfen mit kleinem Handwerkszeug im Dreck. Sie sind auf der Suche nach der Vergangenheit, wollen herausfinden, welche Lebensgemeinschaften hier vor rund 125 Millionen Jahren heimisch waren.
Private Mineraliensammler haben die paläontologische Fundstelle ans Licht gebracht. Im Jahr 2000, als im Steinbruch noch gearbeitet wurde, entdeckten sie Fossilien und meldeten sie dem LWL-Museum für Naturkunde in Münster, das für die paläontologische Bodendenkmalpflege in Westfalen-Lippe zuständig ist. Die Experten dort erkannten, dass der Zahn eines Iguanodons darunter war, eines großen pflanzenfressenden Dinosauriers aus der frühen Kreidezeit. Das war etwas Besonderes. So organisierten sie eine Notgrabung, um den Baggern zuvorzukommen. Doch Eile war nicht nötig, wie sich bald herausstellte. Das Unternehmen ließ die Arbeiten kurz darauf ohnehin ruhen. Seit mehr als 20 Jahren sind nun Paläontologen mit ihren studentischen Hilfskräften jeden Sommer vor Ort und finden neue Relikte aus vergangenen Zeiten. Es ist sicher eine der längsten Notgrabungen Deutschlands, denn als solche firmiert sie noch immer. Schließlich hat das Unternehmen die Genehmigung nicht zurückgegeben, darf also bei Bedarf wieder Kalk abbauen, wenn die Politik grünes Licht gibt.
Die Fundstelle ist noch aus einem anderen Grund ungewöhnlich. Die Fossilien, die man hier findet, entsprechen nicht den Erwartungen. Laien würden sie als unspektakulär bezeichnen. Man kann keine kompletten Skelette von