Transport in die Tiefe

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Biologische Pumpen regeln den Stoffhaushalt der Ozeane: Sie lagern CO2ein und wirken damit dem Klimawandel entgegen.

von KURT DE SWAAF KURT DE SWAAF ist Biologe und Wissenschaftsjournalist. Als gebürtiger Holländer hat er schon seit seiner Kindheit einen engen Bezug zum Meer.

Sieht aus wie Schnee und wird auch so genannt, ist aber keiner: Meeresschnee besteht etwa aus toten Algen und Kotpartikeln. Mit ihm sinkt auch gespeichertes CO2 in die Tiefe ab.
Henk-Jan Hoving/GEOMAR | Tim Kalvelage | Morten Iversen/AWI

Es schneit. Langsam rieselt ein steter Strom aus Flocken herab, die weiß im Scheinwerferlicht leuchten. Außerhalb des Kegels herrschen totale Finsternis und Stille. Eine winterliche Fahrt durch den Schwarzwald? Weit gefehlt. Szenen wie diese bekommen Forscher über die Kameras von Tauchrobotern zu Gesicht. Wenn die Geräte in der Tiefsee herumdüsen, tun sie dies oft in einem mehr oder weniger dichten Dauerschauer aus sogenanntem Meeresschnee. Er ähnelt seinem atmosphärischen Gegenstück gleichwohl nur auf den ersten Blick. Meeresschnee besteht nicht aus Eiskristallen, sondern zum größten Teil aus organischem Material: einem Durcheinander von toten Algen, Kotpartikeln, Schleimfetzen und kleinen Tierkadavern. Das Ganze ist zudem von Bakterien besiedelt. Sie zersetzen den marinen Mulch und verändern zugleich seinen Nährwert. Denn die Flocken dienen auch vielen größeren Lebewesen als Futter: des einen Abfall, des anderen Brot.

In den ozeanischen Kreisläufen spielt Meeresschnee eine bedeutende Rolle. Als ständiger Materialfluss befördert er massig Kohlenstoff in die Tiefe und ist somit Teil einer riesigen Speicherungsmaschinerie. Und die stabilisiert das Weltklima. Hochrechnungen zufolge dürften die Meere unserer Erde etwa ein Drittel des von Menschen seit Beginn der Industrialisierung freigesetzten CO2aufgesaugt haben. Das wären etwa 500 Gigatonnen, eine gewaltige Menge.

Die Mechanismen hinter der Speicherung, auch Sequestrierung genannt, sind komplex. Am Anfang stehen physikalische Prozesse: Kohlendioxid aus der Luft löst sich an der Grenzschicht zwischen Atmosphäre und Meer im Wasser (siehe auch das Interview mit dem Umweltphysiker Bernd Jähne ab Seite 48). Turbulenzen und Strömungen transportieren das als Kohlensäure gelöste Gas anschließend weiter. Letztlich ist die Verteilung keineswegs gleichmäßig, Algen und allerlei Getier bewirken eine kontinuierliche Verschiebung nach unten. „Je tiefer es geht, desto höher sind die Kohlenstoffkonzentrationen“, erklärt der Mee

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