BOXERDUELL

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Vergleich · Alfa Romeo Alfasud / Citroën GS

Alfasud und Citroën GS weisen viele konstruktive Gemeinsamkeiten auf, doch ihre Charaktere sind grundverschieden. Vor über 50 Jahren schlugen sie sich erfolgreich im Markt. Wer hat heute als Klassiker den besseren Punch?

FOTOS Frank Ratering

Trotz manch kultureller Gegensätze haben Italien und Frankreich viele Gemeinsamkeiten. Was bei den einen Savoir-vivre heißt, ist bei den anderen Dolce Vita. Auch die Liebe zu Familie und Kindern spielt in beiden Ländern eine große Rolle. Und sie gehören zu den wichtigsten Autonationen. Bezahlbare Familienautos standen deshalb hier wie dort schon immer hoch im Kurs.

Zwei Boxer-Modelle mit unterschiedlichem Stil

Zwei Vertreter waren Anfang der 70er-Jahre auf französischer Seite der Citroën GS und auf dem Apennin der Alfasud. Auch hier gab es wieder verblüffend viele Gemeinsamkeiten. Unter einer ähnlichen Verpackung – sprich einer Fließheckkarosserie mit Heckklappe und vier Türen – befand sich ein vergleichbarer Inhalt: Frontantrieb, Boxermotor, Viergang-Getriebe und fast identische Motorleistungen.

Mit beiden Modellen feierten die zwei Hersteller große Erfolge: Der Citroën fand über 2,5 Millionen Käufer, und auch der Alfasud mit rund einer Million verkaufter Exemplare ist bis heute das erfolgreichste Alfa Romeo-Modell.

Der Alfasud kam 1972 auf den Markt. Schon ein Jahr zuvor, 1971, war der Citroën GS zu Europas „Auto des Jahres“ gewählt worden. Seine für die damalige Zeit ungewöhnliche und strömungsgünstige Karosserieform sollte Schule machen. Wahrscheinlich orientierte sich Giugiaro beim Alfasud schon an der Silhouette des Citroën – eine ähnliche Form zierte später auch Autos wie Lancia Beta und Austin 1100 oder den VW Golf. Trotz vieler technischer Übereinstimmungen sind Alfasud und GS vom Charakter her grundverschieden. Im Land der Ferrari, Maserati und Lamborghini wurde Sportlichkeit immer großgeschrieben. Der über 20 Zentimeter kürzere und fast 100 Kilogramm leichtere Italiener spielt seine Trümpfe bei der Fahrdynamik aus. Der GS setzt dagegen, ganz in der Tradition der Marke Citroën, auf Komfort und Luxus – insbesondere in der für unseren Vergleich zur Verfügung stehenden Pallas-Ausstattung.

Das Besondere an beiden Kandidaten ist, dass sie in einem derartigen Top-Zustand nur ganz selten zu finden sind. Es ist fast nicht zu glauben, dass der dem Rostfraß kaum widerstehende Alfasud bis auf die Motorhaube noch den Originallack trägt. Besitzer Rainer Köppen, der mit seinem Sohn Alexander in der Szene seit langen Jahren eine feste Größe ist, betreibt seit 1998 historischen Motorsport mit Alfa Romeo und verfügt über ein extrem gut sortiertes Ersatzteillager: „Ich restauriere alles, was geht.“ Er kaufte den Alfasud mit 18.000 Kilometern, inzwischen zeigt der Tacho 27.000 km an. Ursprünglich war das