Dauer machtlustig

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Ach, wem sagen Sie das, aber es stimmt ja! Für unser – übrigens noch gar nicht so vorgerücktes – Alter haben wir uns bestens gehalten. Und doch kommen wir auf den Gedanken, nun könne der Rest des Lebens beginnen. Alles wegen des Mercedes 190 D 2.5 Turbo, der als „der Alte im Test“ vorbeischaut.

Text: Sebastian Renz Fotos: Hans-Dieter Seufert

„Komm schon, Baby, zeig’s mir!“ „Otto, bei aller Vertrautheit, die wir in 25 Jahren erlangt haben: Das geht mir nun doch ein wenig zu weit!“ „Ha, Seb, jetzt tu mal nicht so genant, das würde dir schon gefallen. Und du weißt eh, dass ich den Baby-Benz meinte“

Am Ende jeder Zeit beginnt die Ewigkeit. Und die hat oft eine große Zukunft vor sich. Nee, nee, ist nicht so, dass wir just unsere transzendentale Seite entdeckt hätten, sondern wie immer: Die Gedanken bummeln umher, auf der Suche nach Überlegungswürdigkeiten, derweil wir einem neuen Tag entgegenfahren. Dessen erste Konturen heben sich just im Morgengrauen als Horizont von jenem Dunkel ab, das noch von gestern auf der Gegend liegt.

Wie immer beginnt alles aber in einer der kleinen Stunden, in denen die Nacht noch glaubt, heute könne ihr großer Tag werden, und in unserer Tiefgarage. Im auff lackernden Neonlicht glänzt der aufgereckte Stern auf dem Kühlergrill des 190, was das Auffinden des Mercedes erleichtert – den überragen inzwischen profane Kompakte. Dabei verdeutlicht der W 201 beim Debüt 1982, dass Größe nicht mehr der Faktor ist, der Stattlichkeit und Präsenz verleiht, sondern: Format. Schlüssel ins Türschloss, kurzer Dreh an der breitösigen Reite (kleiner Gruß an die Stammleser, ihr wisst schon), dann hebt die Pneumatik der Zentralverriegelung die vier Stifte. Bereits das vollzieht sich in jener erhabenen, uneiligen, fast gar hochnäsigen Diskretion, die der britische Hochadel beim Aufwarten von Zofen und Kammerdiener schon schätzte, als William der Eroberer sich noch als William der Bastard in der Normandie herumtrieb und unter der Fuchtel seiner vier Vormünder stand (von denen drei – Gilbert, Turchitel und Osborn – arg überstürzt ablebten).

Von zu Hause aus unterwegs

Aber das ist eine andere Ewigkeit her. Hier geht es um die Ewigkeit, die uns der 190 seit dem Produktionsende im August 1993 erhalten blieb und weiter bleiben wird, ohne dass derweil irgendeine neumodische Modernität seine Zeitgemäßheit merklich mindern kann.

Also einsteigen, hinter dem großen Lenkrad auf dem Sitz einrichten. Schlüsseldreh, mit Hochleistungskerzen dauert da

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