Der blaue Engel

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NELLY DIENER

Stewards waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Zeppelinen oder bei der britischen Imperial Airways bereits bekannt. Luft-Stewardessen hingegen folgten in den dreißiger Jahren, zunächst in den USA. Nelly Diener war die erste Flugbegleiterin Europas. Vor genau 90 Jahren trat sie ihren Dienst an

 
Die Curtiss Condor galt zu ihrer Zeit als hochmodernes Flugzeug
Fotos: ETH Bibliothek/Wikimedia Commons
An Bord der Curtiss Condor kümmerte sich Nelly um die Passagiere
Foto: ETH Bibliothek/Wikimedia Commons

Wir schreiben das Jahr 1934, als die 22-jährige Hedwig Nelly Diener, geboren am 5. Februar 1912, hochfliegenden Träumen nachhängt. Sie will auf den Spuren der US-amerikanischen Krankenschwester Ellen Church wandeln und ebenfalls Luft-Stewardess, so heißen die Flugbegleiterinnen dieser Tage, werden.

Die Bewerbung an die noch recht junge, erst drei Jahre zuvor gegründete Swissair ist schnell verschickt. Ob die junge Schweizerin dabei eine Kleinigkeit unter den Tisch hat fallen lassen, um ihre Chancen zu erhöhen? Ihren ersten Vornamen beispielsweise, wie es die Autorin Pascale Marder in ihrem im Bilgerverlag erschienenen biografischen Roman „Nelly Diener, Engel der Lüfte“ vermutet? Denn so viel steht fest: „Nelly“, ihr zweiter Vorname, klingt einfach frischer, moderner, internationaler. Und der Nachname „Diener“ passt eh wie die Faust aufs Auge.

Niemand scheint also geeigneter, sich während des Fluges um die erlesene Klientel, den kommenden Jetset, zu kümmern, als die fließend Englisch und Französisch sprechende Nelly. Und tatsächlich: Sie bekommt den Job. Dank der Fürsprache des kaufmännischen Leiters der Swissair, Balthasar „Balz“ Zimmermann, und gegen den Widerstand des technischen Direktors Walter Mittelholzer – zwei kongeniale Partner, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Hedwig Nelly Diener hatte am 1. Mai 1934 ihren Dienst bei der Swissair angetreten und gilt somit als erste Stewardess Europas

Der Marketing-Schachzug des jungen Unternehmens, das erst noch seinen Platz in der ebenso jungen kommerziellen Verkehrsluftfahrt finden muss, gelingt. Bereits vor dem ersten Linienflugeinsatz sorgt Nelly für Schlagzeilen: „Ab 1. Mai führt das neue Groß-Expressflugzeug der Swissair, das den Flugdienst zwischen Zürich und Berlin besorgt, eine eigene Luft-Stewardess an Bord mit sich, die für die Bedienung der Passagiere sorgen wird. Sie trägt eine schmucke Dienstuniform“, lautet eine erste Meldung.

Wenige Tage später zeigt sich die Aero Revue unter der Überschrift „Die neuste Sensation im schweizerischen Luftverkehr“ schon wesentlich euphorischer: „Die Veramerikanisierung unseres Luftverkehrs macht rapide Fortschritte. Zu den neuen amerikanischen Schnellflugzeugen, die die Swissair bahnbrechend einführte, ist nun auch die Stewardess (in den USA nennt man sie Hostess) hinzugetreten.“