SCHÖNE, NEUE WELT?

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Naturkatastrophen, Kriege, Krankheiten – in diesen Zeiten optimistisch zu bleiben, fällt nicht leicht. Und doch hört man immer wieder Stimmen, die in der aktuellen Umbruchzeit eine Übergangsphase sehen, die uns in eine goldene Zukunft führt. Kann das wahr sein?

FOTOS: MARK HARPUR, NEOM, BORIS BALDINGER, DAWID ZAWILA / UNSPLASH

Am Ende des Tunnels wartet ein Licht, Phönix steigt aus der Asche, aus Raupen werden Schmetterlinge und aus einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, wird früher oder später … ja, was? Ein goldener Ort voller Frieden, Freiheit, Glück, wie ihn John Lennon 1971 in seinem utopischen und zur Hymne gewordenen Song „Imagine“ besungen hat? Drei Jahre zuvor wurde das Hippie-Musical „Hair“ in New York uraufgeführt, in dessen Auftaktsong „ Aquarius“ der Beginn des Wassermannzeitalters angekündigt wird, eines Zeitalters, in dem Harmonie, Verständnis, Vertrauen und Wahrheit herrschen würden und von dem in spirituellen Kreisen auch heute noch viele glauben, es habe bereits begonnen. Oder es dauere zumindest nicht mehr lange, bis es soweit sei. Andere, die sich auf die hinduistische Kosmologie berufen, sprechen davon, dass wir uns im Übergang vom Kali-Yuga, dem dunklen Zeitalter des Streites, der Heuchelei und des Materialismus, zum Satya-Yuga befinden, jener goldenen Ära der Liebe, des Mitgefühls und der höheren Wahrhaftigkeit. Oder dass dieser Übergang kurz bevorstehe, was immer „kurz“ letztlich bedeutet. Mal ist die Rede davon, dass diese „neue Zeit“ bereits 2012 begonnen habe, mal heißt es, die Übergangszeit dauere in etwa von 1987 bis 2037, mal, sie werde in 6000 Jahren beginnen, dann wieder ist von verschiedenen Unterzyklen innerhalb der großen Yuga-Zyklen die Rede, und je mehr man darüber liest, desto mehr schwirren einem die Zahlen um die Ohren – und helfen einem letztlich nicht weiter.

Sicher scheint nur: Ja, irgendetwas ist da am Brodeln in der Welt. Das spüren wir doch alle, nicht erst seit der Coronapandemie, nicht wahr? Oder fühlt es sich am Ende nur so an, weil wir nicht erst abends beim Nachrichten-Gucken oder morgens beim Zeitunglesen über die nächste Krise – seien es Klimawandel, Energieprobleme oder Kriege in der Ukraine und in Nahost – informiert werden, sondern fast schon minütlich über Handy-Live-Ticker, Social Media und, und, und …? Diese Ansicht vertritt etwa der Krisenmanager Frank Roselieb in einem SRF-News-Interview: „Die Zahl der Krisenf älle in den deutschsprachigen Ländern ist in den vergangenen 40 Jahren ziemlich konstant geblieben“, erklärt er darin. „Früher hatten wir allerdings mehr operative Krisen – Flugzeugabstürze oder Hotelbrände – heute stellen wir mehr kommunikative Krisen wie etwa Shitstorms fest. Heute ist die Wahrnehmung von Krisen viel stärker als noch vor einigen Jahrzehnten.“ Das liege auch daran, dass es früher deutlich län