Balanceakt Beziehung

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KOLUMNE

Gegensätze mögen sich anziehen, aber puuuuuh … Manchmal klingt ein „Gleich und gleich gesellt sich gern“ doch einleuchtender. Wie kann ein friedliches Miteinander gelingen, wenn man von unterschiedlichen Planeten zu kommen scheint?

Du bist anders – und ich bin‘s auch. Im besten Fall lernen wir voneinander.
FOTO: ADOBE STOCK

Wäre ich vor gut sieben Jahren nicht nachts nach einer Party bei Rot über eine Ampel geradelt, wären mein Freund und ich uns vermutlich nie begegnet, zumindest nicht bewusst. Denn wir kommen in vielerlei Hinsicht aus unterschiedlichen Welten – er ist einer der beiden Polizisten, die mich damals aufgrund besagter Ordnungswidrigkeit angehalten haben. True Story, ich erzähle sie immer wieder gerne.

Mein zu großen Teilen aus Künstler*innen und Geisteswissenschaftler*innen bestehender Freundes-und Bekanntenkreis hegt gegenüber „der Polizei“ eine gewisse Skepsis, umgekehrt hatte mein Partner so seine Erfahrungen mit „der Presse“ gemacht. Unsere Hobbys sind sehr unterschiedlich, er guckt gerne Action-Blockbuster, ich Independent-Dramen, er liebt es ordentlich, ich bin eine Chaosqueen (siehe Ausgabe 5/23), er ist in der damaligen DDR groß geworden, ich im Westen, er hat einen mittleren Schulabschluss, ich ein abgeschlossenes Studium, er mag das Dorfleben, ich bin ein Stadtkind, kurz: Da passt eigentlich nix. Unsere Kommunikationsstile und unsere Liebessprachen sind noch dazu extrem unterschiedlich, und nicht selten finde ich das zum Verzweifeln anstrengend.

Manchmal aber haut mein Partner plötzlich nonchalant Sätze raus, bei denen ich verblüfft dastehe und denke: „Eigentlich hast du Yoga viel besser verstanden als ich.“ Obwohl er es nie praktiziert hat, wohlgemerkt! Neulich zum Beispiel, da sagte er: „Wenn man das Gefühl hat, dass man viel Verständnis für den anderen aufbringt, dann bringt man eigentlich keines auf.“ Bäm! Wie wahr, oder? Und wie „yogisch“! Denn wenn ich mir immer noch der Mühe bewusst bin, die ich mir mache, um dem anderen entgegenzukommen, gehe ich dann wirklich auf ihn zu? Oder tue ich es vielleicht, erwarte dafür aber auch irgendeine Form von „Belohnung“? Und wenn ja, entwerte ich dadurch nicht meine „Verständnis-Gabe“ an ihn? Denn ein Geschenk, das an Erwartungen geknüpft ist, ist eigentlich keines, oder? Gar nicht so einfach … Und gar nicht so angenehm, sich aufgrund solcher Fragen der eigenen Bockigkeit und anderer Unzulänglichkeiten bewusst zu werden. Aber wichtig, glaube ich.

Natürlich besteht eine Partnerschaft aus Geben und Nehmen, und wenn sich immer nur eine Seite auf die andere zubewegt, gerät die Beziehung schnell in Schieflage. Wenn sich dagegen gar nix bewegt, sind wir innerlich tot. Ha, da ist er ja wieder – der Aspekt, auf den bei der Frage nach dem „richtigen“ Leben meiner Ansicht nach letztlich alles hinausl