„STRESS HABE ICH MIR ABGEWÖHNT“

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Sie kann rasend komisch sein, zugleich wunderbar tiefgründig, aber immer ist sie neugierig auf das Leben. Ein Gespräch mit der Schauspielerin, Moderatorin und Theaterregisseurin Esther Schweins, in dem es um Fülle, Freiheit und alte Möbel geht

FOTOS: JENNIFER FEY

Das Titelthema unserer aktuellen Ausgabe lautet „Fülle“. Was assoziieren Sie spontan damit?

Fülle ist gleich – mein Leben! (lacht)

Oh, das klingt gut!

(überlegt) Ich glaube, durch den fortlaufenden Zustrom von Fülle beweist das Göttliche seine Existenz. An mir und in mir! Diese Grundhaltung hatte ich, meine ich, schon als Kind, ohne dass ich es wahrscheinlich so ausgedrückt hätte.

Was für ein schönes Bild! Dabei assoziieren wir Fülle sonst ja oft mit materiellen Dingen. Nach der Tsunami-Katastrophe, die Sie 2004 auf Sri Lanka mit Glück überlebt haben, haben Sie sich für einige Jahre von einem Großteil Ihres Besitzes getrennt. Wie haben Sie entschieden, was Sie behalten?

Ach, letztlich habe ich sogar relativ viel behalten und eingelagert, weil ich meine Wohnung aufgegeben hatte und irgendwann entschieden werden musste, wo die Sachen hinkommen. Den Rest haben am Ende Freunde geholt, weil ich gerade auf Sri Lanka an Hilfsprojekten beteiligt war. Als ich die Sachen dann später zu meinem Mann nach Mallorca bringen wollte, war ich erstaunt, wie viel mir geblieben war.

Zum einen war ich damit schwer überfordert, zum anderen aber auch belustigt darüber, wie sich beim Anblick bestimmter Gegenstände sofort wieder dieselben alten Gedanken einstellten wie früher.

Zum Beispiel?

Es gab da ein kompliziertes Bücherregal, das ich mir mit 25 gekauft hatte und das wir dann wieder aufgebaut haben. Damals hatte es für mich den ersten Schritt in die organisierte Erwachsenenwelt symbolisiert.

Oje, in der bin ich immer noch nicht richtig angekommen.

Ich hab’s dann auch bald wieder sein lassen. Aber ein organisiertes, ein „normales“ Leben zu führen – all diese Gedanken rankten aus diesem Bücherregal heraus, nahmen wieder Kontakt auf zu mir. Nun war aber meine Welt ja gerade ziemlich aus den Angeln gehoben worden. Das Regal hat sich somit selbst abgeschafft. (lacht) Der Bekannte, der beim Aufbau geholfen hat, hat es übernommen.

Ich tue mich sehr schwer damit, mich von Dingen zu trennen, zumal wenn ich damit Emotionen verbinde. Warum, glauben Sie, fällt uns Menschen der Abschied von materiellen Dingen oft so schwer?

Jetzt, wo wir so viele Fotos machen können, ist das vielleicht nicht mehr ganz so schlimm, oder? Ich denke, Gegenstände werden zu Gespenstern der Zeit, im Guten wie im Schlechten, darum hängen wir daran. Ich liebe zum Beispiel altes Mobiliar oder überhaupt Dinge, die schon lange vor mir benutzt worden sind, woh