Lichtmomente

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Yoga für Menschen mit Demenz – das ist die Mission von Natalie Stenzel. Sie unterrichtet in Pflegeheimen, auf Geriatrie-Stationen, in Demenz-Wohngruppen – und bildet Yogalehrende fort. Hier erzählt sie, was diese Arbeit so besonders macht.

Während meiner OMY!-Reportage bin ich auf lauter fitte, selbstbestimmte Senior*innen getroffen – ich vermute, dass das sehr anders war als in deinen Stunden, Natalie.

Oh ja, eine ganz andere Welt von Yogaunterricht!

Wie kann ich mir eine Demenz-Yogastunde vorstellen?

Das Allerwichtigste ist, dass ich erst einmal alle einzeln begrüße.

Warum?

Menschen mit einer Demenzerkrankung verlieren oft nicht nur kognitive Fähigkeiten sondern auch Sprache, also Kommunikationsmöglichkeiten. Was bleibt, ist das Gefühl. Das ist mein Ansatz: Ich bin da. Und wo ich bin, da bin ich ganz. Ich bin in Verbindung. Ob ich dabei wirklich authentisch bin, merken diese Menschen sofort.

Du hast dazu ein Konzept entwickelt. Worin besteht es?

Es beinhaltet nicht nur risikofreie Übungen, sondern auch Themen wie Würde, Scham, Trauma, Körpersprache, Kommunikation – und sehr viel Wissen über Demenz: Ich muss verstehen, was da anatomisch und psychisch genau passiert. Das sind Grundvoraussetzungen.

Und wie setzt du das konkret in einer Yogastunde um?

Mit einem fertigen Stundenbild hinzukommen, funktioniert nicht. Ich muss mich voll und ganz einlassen und die Stunde immer wieder anpassen, an das, was gerade da ist: Unruhe zum Beispiel oder Aufregung. Dann gehe ich vielleicht ins Tönen, wir machen eine ruhige Atem- übung oder praktizieren einfach nur Stille. Das heißt: Man braucht ein Repertoire, aus dem man schöpfen und das man der jeweiligen Stimmung immer wieder neu anpassen kann, also ein gutes Fundament – und viel Kreativität.

Gleichzeitig kann ich mir denken, dass Routinen wichtig sind?

Oh ja! Als Yogalehrerin für Menschen mit Demenz sollte man Wiederholungen lieben lernen – und dann kann man manchmal wundersame Dinge erleben: Ein Mensch erscheint nach außen hin müde oder lustlos und plötzlich kommt eine bekannte Übung einfach so aus ihm heraus. Das sind echte Lichtmomente!

Was kann Yoga bei Demenzpatient*innen bewirken?

Vor allem können wir eine Gemütsveränderung bewirken: von einer resignierenden, manchmal auch traurigen Haltung in eine aufgerichtete, wache, interessierte Haltung. Das andere ist die Einwirkung auf das vegetative Nervensystem, indem wir zum Beispiel bei Nervosität den Parasympathikus aktivieren, etwa über Atemübungen oder Mudras.

Wir kennen das ja alle im Yoga: Die körperliche Aufrichtung bewirkt eine psychische Aufrichtung, ein ruhiger Atem einen ruhigen Geist ...

Das stimmt. Und es ist essenziell, dass