Weniger ist mehr!

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ALIGNMENT CHECK

Beweglichkeit erfordert Dehnung – aber die erreichen wir gerade nicht, indem wir uns anstrengen, sondern indem wir uns Zeit lassen. Hier erklärt Timo Wahl die wichtigsten Prinzipien der Dehnung.

Wir alle haben im Leben wohl die Erfahrung gemacht, dass ein gewisses Maß an Engagement nötig ist, um die erwünschten Resultate zu erreichen. Sprüche wie „No pain, no gain“ haben auch oft ihre Berechtigung. Betrachten wir zum Beispiel den Körper, dann wissen wir: Ohne regelmäßigen Sport oder überhaupt genügend Bewegung, ohne ausreichend Schlaf und eine gesunde Ernährung wird unser Organismus irgendwann nicht mehr viel Leistung zur Verf ügung stellen. Dann verlieren wir den Muskelapparat, den wir vielleicht einmal hatten, merken es aber nicht und sagen über uns selber: „Ich war mal Leistungssportler*in, für mich ist diese Übung kein Problem …“

Ziemlich anders sieht die Sache jedoch aus, wenn wir von unserem Körper nicht Muskelkraft fordern, sondern Weite und Beweglichkeit. Hier geht es nämlich gerade nicht um Anstrengung, sondern um Aufmerksamkeit: Damit Dehnübungen wirklich wirksam werden können, müssen wir Geduld aufbringen und uns eine innere Erlaubnis geben loszulassen. Trotzdem sehe ich im Unterricht immer wieder, wie viele meiner Schüler*innen ziehen, zerren und schnaufen – mIt dem Erfolg, dass genau dieser am Ende ausbleibt. Deswegen möchte ich dir in dieser Folge meiner Kolumne die Grundparameter aufzeigen, die deinen Körper veranlassen, dem Wunsch nach mehr Flexibilität nachzukommen.

DEHNUNG -WAS IST DAS EIGENTLICH?

Muskel und Bindegewebe sind als untrennbare Einheit fest miteinander verbunden. Jeder Muskel besitzt einen sogenannten Grundtonus – also eine bestimmte Spannung, die auch dann vorhanden ist, wenn wir uns eigentlich in einem ent-spannten, also einem ruhigen inneren Zustand befinden. Eine ähnliche Grundspannung besitzt auch das Bindegewebe, wobei das nicht direkt auf Nervenreize reagiert, sondern auf Stresshormone und die Konzentration an CO₂ im Blut. Die Spannung beider Systeme entscheidet gemeinsam darüber, wie flexibel wir sind – wie groß also der Bewegungsradius ist, den ein Muskel darstellen kann.

Um die Beweglichkeit nun zu erhöhen, muss zunächst der meist erhöhte Grundtonus des Muskels reduziert werden. Schon ein stressiger Tag hat oft eine Erhöhung dieser Spannung zur Folge, wodurch bei Dehnung zunächst gegen die Spannung des Muskels gearbeitet wird. Er muss also erst in seinen Ruhetonus zurückfinden, damit das „passivere“ Bindegewebe nun ebenfalls einen Dehnreiz erfahren kann. Zum Reduzieren dieser Muskelspannung haben wir vier Möglichkeiten:

1DEHNUNG