VOM EGO ZUM HERZEN

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Eigentlich wissen wir es ja: Im Yoga streben wir nicht nach Perfektion oder Performance. Es geht um das Erkunden, Spüren und Erleben. Trotzdem tappen wir allzu leicht in die Leistungsfalle. Yin Yoga schenkt uns die Möglichkeit, wirksam aus diesen Mustern auszusteigen – und in Kontakt mit unseren wahren Seelenwerten zu kommen.

Viele Sätze beginnen wir mit „Ich bin ...“ – und führen dann zu Rollenbildern, Berufsbezeichnungen oder Gefühlszuständen. Doch wer sind wir wirklich? Wer oder was ist dieses „Ich“, das in der Hülle deines Körpers steckt? Wie bewusst nehmen wir dieses „eigentliche“ Sein überhaupt wahr, unabhängig von Verpflichtungen, Mustern, Erfahrungen und Erlebnissen? Auf der Verstandesebene sehen wir vor allem die Yang-Qualitäten: den Körper, die Daten und Fakten unseres Lebens. Beobachten wir unser Ich aber beim Yin Yoga, dann geht es um das Fühlen und Loslassen, um unsere Empfindungen und Emotionen. Auf dieser Herzensebene bringen wir unser Ich mit Freude, Liebe, Kreativität, Wertschätzung und inneren Frieden in Verbindung. Dieses „Ich bin“ ist reines Gegenwärtig-Sein – kein Gedanke, kein Konzept, sondern das Sein selbst!

WEGE ZUR SELBSTERKENNTNIS

Yin Yoga führt uns auf mehreren Wegen dorthin: körperlich, geistig-mental, aber auch seelisch. Indem wir erst einmal annehmen, was ist, drücken wir den Geschehnissen keinen „Gut“- oder „Schlecht“-Stempel mehr auf. Wir kommen vom Ego zum Herzen. Viele Kulturen beschreiben die Herzgegend nicht nur als Gefühlszentrum, sondern als Sitz des Bewusstseins: Laut Yoga verbinden uns das erste, zweite und dritte Chakra mit Mutter Erde, das fünfte, sechste und siebte mit dem Universum, oder dem „himmlischen Vater“. Das Herzchakra dagegen ist unsere Mitte, hier fließen alle Sphären zusammen und es entsteht Bewusstsein. All das wollen wir im Yoga stärken. Dem liegt eine wichtige Überzeugung zugrunde: Ich bin nicht das Opfer, das allem ausgeliefert ist, sondern ich bin Schöpfer*in meines Lebens! Wenn wir uns auf negative Dinge und Probleme fokussieren, beginnt sich unser ganzes System zu verkrampfen. Nicht nur das Denken, auch Faszien, Muskeln, Organe und unser emotionaler Körper fangen an zu reagieren. Wir sind nicht mehr offen für die Welt um uns herum und verlieren den Kontakt zu unserem wahren Wesenskern. Der Schlüssel zur Verbindung ist dagegen Achtsamkeit: Ich kann achtsam sein beim Essen, Hände waschen, duschen oder Auto fahren. Vor allem aber bei Praktiken wie Yin Yoga, Meditation oder Yoga Nidra. Je mehr ich mich achtsam mit meinem wahren Ich verbinde, desto mehr bekomme ich zurück. Je mehr ich mir meiner selbst bewusst werde, desto mehr kann ich meine Programme verändern. Je mehr Programme ich verändere, desto mehr werde ich zum Schöpfer, zur Schöpferin.

Mit der Zeit lernen wir, diese Schöpfer*innenrolle bewusst einzusetzen