ERSCHÖPFT:WIE GEFÄHRLICH IST DIE NEUE EPIDEMIE?

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Eine aktuelle Umfrage zeigt: Gut die Hälfte der Deutschen fühlt sich erschöpft. Was das neue Müdigkeitssyndrom so gefährlich macht: Es erfasst nicht nur alle Altersschichten, sondern macht auch vor keiner Berufsgruppe Halt. wdw erklärt, was die Ursachen für die Erschöpfungsepidemie sind – und wie wir sie bekämpfen können …

JULIAN KLEVESATH

52,8% der Menschen in Deutschland fühlen sich laut einer repräsentativen Civey-Umfrage aus dem Jahr 2023 erschöpft. Auffällig: Das Phänomen ballt sich vor allem in der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen.

Es ist nur eine kleine Unachtsamkeit, die jedoch beinahe katastrophale Folgen hat: Im August 2023 erteilt eine Fluglotsin in San Diego einer Cessna Citation die Landefreigabe – auf einer Piste, auf der gerade eine Boeing 737 abheben soll. Die Lotsin bemerkt ihren Fehler im letzten Moment, und die Cessna startet durch. Wie knapp ein Inferno verhindert wurde, zeigen Daten der Luftfahrtbehörde FAA: Demnach näherten sich die Jets auf bis zu 15 Meter an. Die Lotsin verrät später einem Kollegen, sie sei übermüdet gewesen und hätte deswegen den Fokus verloren. Ihr Vorgesetzter sei in dem kritischen Moment gerade damit beschäftigt gewesen, einen verstopften Drucker wieder in Gang zu bringen.

Wer diese Beinahe-Katastrophe für einen Einzelfall hält, der irrt: Erst Ende 2023 enthüllte die „New York Times“, dass auf US-Flughäfen immer häufiger gefährliche Fehler passieren. Die Ursache: Erschöpfung. Aufgrund eines landesweiten Mangels an Fluglotsen sei die verbliebene Belegschaft oft zu Sechs-Tage-Wochen und 10-Stunden-Tagen gezwungen. Viele würden deswegen im Dienst einschlafen oder zu Drogen, Alkohol und Medikamenten greifen, um mit dem beruflichem Stress klarzukommen – was ein erhebliches Sicherheitsrisiko in der zivilen Luftfahrt in den USA darstelle. Allein 2023 sei es im Schnitt mehrmals pro Woche zu potenziell gefährlichen Zwischenfällen gekommen, viele Fluglotsen fürchteten daher, dass ein tödlicher Absturz nur eine Frage der Zeit sei. „Wir hatten in letzter Zeit einen Herzinfarkt, mehrere Panikattacken, Depressionen, und einige, die ganz einfach gekündigt haben, weil es so schlimm geworden ist“, berichtet ein Fluglotse aus Jacksonville. „Dieser Ort macht Menschen kaputt. Wir brauchen Hilfe.“

WIE VIELE PILOTEN LEIDEN UNTER SEKUNDENSCHLAF?

Auch in Europa gibt es alarmierende Zahlen – allerdings betreffen sie weniger die Fluglotsen, sondern vielmehr jene Berufsgruppe, die im Cockpit sitzt: Eine Umfrage

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