Freunde in der Not

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Die Flut hat Narben hinterlassen im Ahrtal, Trümmer, Zerstörung. Doch immer dann, wenn die Tristesse scheinbar alles erdrückt, gibt es Momente, die Hoffnung machen, Zuversicht versprühen. Zwei VW-Cabrios sind ein gutes Beispiel. Doch eigentlich geht es hier nicht um Autos. Es geht um sehr viel mehr.

Text Heiko P. Wacker Fotos Jan Bürgermeister, Privat

»So rund 300 Meter«, erwidert Michael Marx auf die Frage, wie weit weg die Ahr eigentlich entfernt sei. Wir stehen in seiner Garage in Heppingen, um seine Lippen spielt ein bitteres Lächeln. Denn das »eigentlich« hat gar nichts zu heißen: Letzten Sommer war die Ahr in seiner Garage, an der Wand markiert ein Strich die Wassermarke bei 101 Zentimetern. Auch das geliebte 1302er-Cabrio wurde bis zur Gürtellinie von der braunen Brühe geflutet.

Es hätte das Ende der Fahrzeughistorie sein können – ja sollen, blickt man auf die Kommentare in den sozialen Medien zurück. Dem war aber nicht so. Denn das Cabrio bekam seine Chance, wurde wieder zum Leben erweckt, wie auch das Erdbeerkörbchen von Töchterchen Isabelle. Von einem guten Freund, könnte man sagen. Nur hatten sich Besitzer und Retter nie zuvor getroffen. Und genau deshalb soll heute die Geschichte dieser ganz besonderen Aktion erzählt werden. Weil sie so unglaublich Mut macht. Und davon können die Menschen im Ahrtal, und nicht nur dort, gerade eine ganze Menge brauchen.

Wir erinnern uns: Spät am 14. Juli 2021 wurde aus der Ahr, die dem Begriff »Fluss« so gar nicht gerecht werden will, ein Mahlstrom, eine Schneise der Verwüstung durch ein beliebtes Tal fräsend. 40.000 betroffene Haushalte, wohl ebenso viele zerstörte Autos, mehr als 130 Tote, Vermisste bis heute waren die Folge. Brücken, Häuser, Straßen, Kanäle, die Bahnlinie oder das Trinkwassernetz hörten schlicht auf zu existieren. Und noch immer sind viele auf Baustellentoiletten und Duschcontainer angewiesen, zusätzlich genervt von den Hinhaltungen winkelzügiger Versicherungen und den Nackenschlägen dumpfer Bürokraten.

In solchen Situationen steht ein verwüsteter Oldie kaum an erster Stelle. Auch Familie Marx hatte, eilends aus dem Urlaub heimgekehrt, andere Sorgen. Das Erdgeschoss stand einen halben Meter unter Wasser, in den beiden Garagen schwappte es noch höher, das Elternhaus direkt an der Ahr war ein Totalschaden. Immerhin war das Anwesen in Heppingen bewohnbar, ein fast schon unerwartetes Glück nach der Fahrt durch die Verwüstungen. Doch innehalten war keine Option, so rasch wie möglich musste der Schlamm angegangen werden, »wird der doch sonst hart wie Beton«, meint Michael. Der Wiederauf

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