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Die Handarbeit ist für die Finnen mehr als eine Leidenschaft
An meinen glücklichsten Tagen stricke ich vom Morgen bis zum Zubettgehen“, erzählt die preisgekrönte Schriftstellerin Karin Erlandsson von den finnischen Åland-Inseln. 2014 erschien ihr erster Roman. Ihren ersten Pullover strickte sie mit 14, „heimlich und aus Restwolle, die bei uns zu Hause lag“, erinnert sie sich, „Mama würde Augen machen!“ Der Pullover wurde sehr groß. „Er hing weit an mir herunter, wunderbar!“
Liebevolle Geschenke Wenn in Büchern gestrickt wird, ist das nie ein Zufall, ist sich die Autorin sicher. Bei J. K. Rowling bekommen Harry Potter und Ron Weasly von Rons Mutter selbstgestrickte Pullover geschenkt. „Für Ron ist der Pullover ein Ausdruck der Armut, für Harry ist er der Beweis, dass er Mitglied einer Familie geworden ist.“ Für Karin steht fest: Stricken ist Liebe, ob in der Literatur oder in der realen Welt.
Unabhängigkeit Stricken sei aber noch mehr, sagt sie, zum Beispiel Heilung und Freiheit. Die beidhändige Beschäftigung entspanne und fordere das Gehirn so effektiv, dass Stricken auch in der Suchttherapie eingesetzt wird, weiß Karin. Und seit der Neuzeit konnten sich manche Frauen durch den Verkauf ihrer Waren in ein Stück Unabhängigkeit erstricken. Andere durften unter dem Vorwand, praktische Kleidung herzustellen, das Haus verlassen und sich in Nähkreisen frei mit anderen austauschen. „Natürlich strickten sie, aber es wurde auch viel gelacht.“ Dann gab es Spioninnen, die Codes in Socken strickten. Und für ihre Nichte wurde Karin selbst zur Heldin, als sie deren Traum von einer rot-glitzernden Jacke mit Regenbögen und Einhörnern wahr werden ließ.
Viel Geduld An den Auftrag erinnert sich Karin genau: „Eine Woche später marschierte Russland in der Ukraine ein. Wozu ist Glitzerwolle gut, wenn der Krieg ausbricht?“, fragt sie sich. Und so entsteht über Nacht in den sozialen Medien der Hashtag #knitforukraine, unter dem warme Kleiderspenden produziert und mit gelb-blauen Socken und Stirnbändern Solidarität be