„EINANDER VERSTEHEN - darum geht es“

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| Was wirklich zählt |

PASTOR DR. JULIAN SENGELMANN

Was bedeutet Glaube – jetzt, zur Osterzeit? Und wie müsste eine zeitgemäße Kirche aussehen? Das sind die Fragen, die DR. JULIAN SENGELMANN (41), evangelischer Pastor aus Hamburg, am Herzen liegen

FOTO THOMAS LEIDIG

Woran glauben Sie, Herr Sengelmann?

An etwas, das größer ist, anders ist als wir – und das uns liebevoll anschaut. Das uns nicht antreibt, mehr zu arbeiten, damit wir Dinge kaufen, die wir nicht brauchen, um Menschen zu beeindrucken, die wir eigentlich gar nicht mögen. Es gibt eine Dimension in unserem Leben, die dieses ganze Streben nach Mehr nicht braucht: Das ist für mich Gott.

Wie haben Sie Ihren Weg dorthin gefunden?

Meine Familie, wir waren die klassischen U-Boot-Christen: einmal im Jahr zu Weihnachten auftauchen, in die Kirche gehen, abtauchen. Irgendwann bin ich zu den freien Pfadfindern gegangen. Wir wanderten mit selbst genähtem Rucksack und Zelt durch Europa, erlebten tausend Abenteuer. Die Pfadfinder sagten stets: „Wenn jemand etwas richtig laut skandiert, musst du das hinterfragen. Glaub‘ den Parolen nicht!“ Und da sie lautstark gegen die Kirche wetterten, musste ich das halt selbst kennenlernen. Ich bin quasi aus Trotz in die Kirche gegangen, um mir ein Bild zu machen.

Was kam dabei heraus?

Ein Sonntagmorgen. Ich war 13. Saß mit einem roten Gesangbuch, aus dem ich nicht ein Lied kannte, in der harten Bank. Plötzlich erschütterte ein ohrenbetäubender Klang die heiligen Hallen. Das musste die Orgel sein, sie war gewaltiger, als ich sie mir vorgestellt hatte. Mein ganzer Körper vibrierte. So etwas hatte ich nie zuvor in dieser Intensität gehört. Eine sich bis ins Unendliche steigernde Symphonie von Farben und Gefühlen, Spannung, Bedrohung und Schönheit. Und ich mittendrin. Als ich meinen Blick nach vorn richtete, sah ich, dass dort eine Leinwand hing. Gehörte das so? Kino im Altarraum? Ich sah eine junge Frau im Hosenanzug, die durch ein Kellergewölbe ging.

Vor einer Glastür blieb sie stehen. Moment mal, da lief „Das Schweigen der Lämmer“! Ich war irritiert. Doch der Gottesdienst handelte vom Bösen und vom Guten – und wie die Grenzen manchmal verschwimmen können. Ich weiß noch, dass ich dachte: Wenn das Kirche ist, dann bin ich dabei.

Worin lag Ihre Faszination?

Der Pastor, Thies Gundlach, hatte unseren Alltag in die Kirche geholt und uns so gezeigt, dass es sich im Spielfilm um eine ähnliche Geschichte wie in der Bibel handelt. Es geht immer um Liebe, um das Nicht-Gesehen-Werden, sich verraten oder sich nicht gut genug fühlen. Den Bezug zum Heute, zu mir herzustellen, war ihm gelungen. Das hat mich geprägt. Meinen Glauben habe ich nicht zuletzt durch Menschen wie Thies entdeckt.

In welchen Momenten zweifeln Sie am Glauben?

An Gott zweifle ich eigentlich nie. Aber di

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