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Nach ihrem „Westworld“-Remake adaptieren Jonathan Nolan und Lisa Joy einen Game-Klassiker und präsentieren eine atomare Postapokalypse mit Augenzwinkern
Für die Game-Branche ist die Apokalypse keine religiöse Schreckensvision, sondern vor allem ein gutes Geschäft. Spätestens mit der Einführung von immersiven Shootern und Action-Adventure-Rollenspielen bot der fiktionalisierte Zusammenbruch der westlichen Zivilisation die perfekte Open-World-Kulisse, als Spieler die Angstlust am Weltuntergang in der kuscheligen Sicherheit der eigenen vier Wände auszuleben. Eine Game-Reihe, in der dieses kathartische Spielprinzip seit 1997 genüsslich ausgekostet wird, trägt ihr postapokalyptisches Szenario bereits im Namen, der im Englischen den radioaktiven Niederschlag nach Atomkraftwerkskatastrophen oder Kernwaffenexplosionen bezeichnet.
Atomkatastrophe mal anders
Der Dauerbestseller „Fallout“ (siehe S. 16) spielt zwar in der Zukunft, bezieht seinen visuellen Reiz und Kultstatus aber daraus, dass die Entwickler retrofuturistisches Hightech mit popkultureller Nachkriegsikonografie aus den 1950er-Jahren kombinierten. Möglich macht dies der alternativhistorische Storybackground, demzufolge die USA nach dem Zweiten Weltkrieg zur Atompunk-Großnation aufstiegen – bis 2077 ein nuklearer Weltkrieg den nordamerikanischen Kontinent in ein verstrahltes „Wasteland“ (Ödland) verwandelte.
Seit Übernahme der „Fallout“-Lizenz durch die Bethesda Game Studios ist deren Executive Producer Todd Howard für das Franchise verantwortlich. Sein Plan, die Marke auch in Hollywood zu etablieren, scheiterte über Jahre an Adaptionsvorschlägen, die als Remakes spezifischer Spiel-Storybögen für Howard keinen Mehrwert hatten.
Erst als der 54-Jährige direkt Jonathan Nolan ansprach, dessen Drehbuch zu „Interstellar“ (2014) Howard zum Bethesda-Massive-Multiplayer-Hit „Starfield“ inspiriert hatte, kam Bewegung in das