tip Berlin
27 November 2019

Liebe Leserinnen und Leser, Oberlehrer*innen kann keiner leiden. Du darfst nicht dies, das machst du mal besser so – heute sind wir doch alle viel zu sehr Individualisten, als dass wir uns derart rigiden Regeln unterwerfen würden. Noch übler wird es, wenn zum warnenden Zeigefinger die Keule des schlechten Gewissens hinzukommt. Moralapostel sind das Allerschlimmste. Auf jeden Fall. Wegen der Apostelei. Denn mehr Moral würde dieser Welt eigentlich ganz gut tun, oder? Das finden jedenfalls immer mehr Menschen. Doch kann Moral lässig und tolerant sein? Flugscham ist so ein neues Wort, das das Dilemma zwischen Freiheit und neuem Dogmatismus ganz gut ausdrückt. Manchmal kommt einem ja der Gedanke, dass man für ein Wochenende nach Paris oder New York fl... Und während man noch vor sich hin träumt, geht schon die CO2-Warnleuchte an. „Wer nicht verzichtet, ist schuldig“, beschreibt unser Autor Philipp Wurm diesen inneren Konflikt. Wer auf diese Situation nicht ganz so rigide wie Greta Thunberg reagiert, sondern sich selbst etwas erlauben kann, obwohl er oder sie weiß, dass das für die Umwelt schlecht ist, hat eine „Ambiguitätstoleranz“ entwickelt, so der Fachbegriff. Immer das Optimum, das geht eben nicht. Aber Näherungswerte sind machbar. Müssen machbar sein. „Das rot-rot-grün regierte Berlin ist immerhin ein Exerzierfeld, wo die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit kleiner wird“, schreibt Philipp Wurm. Das ist doch schon mal was. In diesem Sinne: haben Sie ambiguitätstolerante 14 Tage und Nächte! Ihre Stefanie Dörre, Chefredakteurin

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