tip Berlin
19 September 2019

Liebe Leserinnen und Leser, Oskar Schlemmer wirkt immer noch. Ich war jedenfalls nicht die einzige, die in der Ausstellung "original bauhaus" unbedingt mit der von Schlemmer entworfenen Maske das berühmte Foto der unbekannten Frau im Klubsessel B3 von Marcel Breuer nachstellen wollte (Ergebnis siehe unten). Solche instagrammable Fotomotive erwartet auch ein Teil des Kulturpublikums heute – weshalb das Bauhaus-Archiv diese Foto-Option gleich in die Ausstellung mit eingebaut hat. Denn wir leben in einer Gesellschaft, in der Bilder und Infos permanent flottieren und über die sozialen Netzwerke geteilt werden – und nicht nur sie. Sharing ist auch bei Autos, E-Rollern, Menüs und Gemeinschaftsgärten gerade das Ding. Erleben statt haben, teilen statt besitzen: Alles soll in Bewegung sein. Für den Berliner Mietwohnungsmarkt allerdings gilt das genaue Gegenteil. Da ist gar nichts in Bewegung. Außer den Preisen, die gehen ständig steil nach oben. Vorbei die Zeit, als man als Mieter noch locker umziehen konnte. Wer einen alten, bezahlbaren Mietvertrag hat, bleibt in seiner Wohnung. Sie bekommen noch ein Kind? Doppelstockbett. Sie wollen sich als Paar trennen? Wohnen Sie als WG weiter zusammen. Der Mietwohnungsmarkt ist so hart geworden, in dieses Haifischbecken wagt sich keiner mehr freiwillig. Wir haben echt üble Geschichten von den Auswüchsen des Berliner Wohnwahnsinns gesammelt, stellen Christiane Rösingers Mieten-Musical vor, das beim HAU-Festival „Berlin bleibt!“ Premiere hat, und versuchen zu klären, was der Mietendeckel bringen könnte. Ihre Stefanie Dörre, Chefredakteurin

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