Die Kunst des Lebens

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2022 eröffnete Petra Schmidt (70) in Kiel die Galerie „7iebenbilder“ – heute ein beliebter Treffpunkt. Über den Mut, sich immer wieder neu zu erfinden

Einfach machen! Die Rentnerin verwirklichte ihren Traum von der eigenen Galerie, in der sie ihre Kunstwerke ausstellt
Fotos: Ilona Habben

Die neuen Objekte hatten Petra Schmidt mächtig Kopfzerbrechen bereitet, als sie im April in ihre Heimatstadt zurückkehrte. „Hoffentlich geht kein Alarm los, dachte ich in der Flughafenkontrolle“, erzählt die Kielerin und zeigt auf eine Collagenserie an der Wand. Auf rissig-strukturiertem Untergrund sind Muscheln, Glasstücke und rostige Metallstücke als spannungsvolle Bilder inszeniert. „Die habe ich aus Fundstücken auf der Kanareninsel La Palma gefertigt.“ Ungewöhnlich? Für manche Betrachter schon. Doch beschreibt das Attribut ungewöhnlich auch treffend Petra Schmidts Leben – denn das ist sicherlich vieles, nur nicht gewöhnlich.

Was sich von Kind an wie ein roter Faden durch ihre bunte Vita zieht, ist ihre Leidenschaft für Kunst. „Ich habe immer gern gezeichnet.“ Aber nach dem Abi an die Kunstakademie? „Das fanden meine Eltern dann doch zu wild.“ Also ein Lehramtsstudium. „Bis ich diese Annonce entdeckte: Stewardess gesucht! Ich war damals sehr unglücklich in meiner Beziehung. Und Lehrerin erschien mir auch nicht gerade ein Traumberuf. Ich bewarb mich bei Lufthansa, und zack, war ich weg aus Kiel!“ In den 1970er-Jahren fliegt die Stewardess um die Welt: „Hieß das Ziel Sydney, ging’s zuerst nach Bombay mit drei Tagen Zwischenstopp für Sightseeing. Zweite Station Singapur, wieder drei Tage. Am Ende drei Tage Australien …“ Auf den Seychellen illustriert sie ihren Nichten eine selbst ausgedachte Geschichte: „Der Aquarellmalkasten war auf jedem Flug im Gepäck“, erinnert sich Petra. Bis sie nach fünf rastlosen Jahren beschließt: „Der Job ist ein Traum, nur keiner fürs Leben!“

Petra lernt Physiotherapeutin, formt jetzt nebenbei Skulpturen und töpfert. Sie arbeitet erst mit mehrfach behinderten Kindern, dann in Seniorenheimen. „Doch die Zustände in den Häusern waren fürchterlich.“ Sie hilft erst mal in der Filmproduktion eines Freundes aus, landet dann in der Werbebranche und macht Karriere. Erst München, dann Frankfurt: „Angst vor Neuem spürte ich eigentlich nie. Ich war viel zu neugierig, was noch alles auf mich zukommt.“

In der Mainmetropole malt sie nebenbei eine großformatige Strandszenerie mit der filigranen Figur einer Badenden, worauf sie jetzt in der Galerie aufmerksam macht: „Mein Sehnsuchtsbild. Ich träumte immer von der Nähe zum Meer und einem Winter ohne Heizung.“ Doch bis beides in Erfüllung gehen sollte, brauchte es zwei weitere Neuanfänge:

Die Bank vor der Galerie wird von Passanten, Nachbarn und Freunden für eine gesellige Plauderei mit Petra genutzt

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