„Unsere Märkte sollen weiterleben“

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Immer weniger Stände, immer weniger Besucher… Aber wo findet man sonst dieses spezielle Flair und das Pläuschchen gratis dazu?

Gärtnerin Antje Mohr (59) liebt das herrliche duftende Sortiment am Stand von Gartenbauer Enno Scholz. „Keine Plastiktöpfe, sondern Qualität vom Feinsten – und preiswert obendrein!“
Fotos: Gunnar Geller

Die Frühlingssonne blinzelt über die bunten Stiefmütterchen, Primeln, tiefblauen Vergissmeinnicht. Es ist Freitagmorgen, acht Uhr, in der schleswigholsteinischen Kleinstadt Meldorf. Topf um Topf setzt Enno Scholz (61) seine prächtigen Blumen in Szene und bringt die vorgezogenen Salatpflanzen und Kräuter-Setzlinge in Position. Thymian, Majoran, Curry- und Olivenkraut … Eine Vielfalt, wie man sie nur selten sieht. Kein Wunder, schließlich tüftelt der Gartenbauer seit 40 Jahren an seinem Angebot – in dritter Generation und in Zehn- bis 18-Stunden-Schichten. „Das geht nur, wenn man mit Herzblut dabei ist“, schmunzelt er. Wie viel Leidenschaft er mitbringt, spüren alle, die vom Duft seiner Pflanzen angezogen an seinem Stand stehen bleiben.

Neben ihm auf dem mittelalterlichen Kopfsteinpflaster findet man außerdem Maria Thießen mit ihrer Marschenmilch, zwei Fischhändler, ein Verkäufer von türkischer Feinkost, ein Geflügelspezialist sowie ein Bäcker und ein Fleischer auf vier Rädern. Insgesamt sind es neun Händler und Produzenten, die an diesem Apriltag auf rege Geschäfte warten. Man kennt sich, grüßt sich. Die Stimmung ist gelöst und herzlich – auch wenn die Lücken zwischen ihnen größer werden. Seit Corona ist der Markt in der 7500-Einwohner-Stadt um ein Drittel geschrumpft. Ein Trend, der vielen Kommunen in Deutschland zu schaffen macht.

Viele Marktleute finden keine Nachfolger mehr

Die Statistik zeigt: Nachdem die Wochenmärkte zwischen 2020 und 2022 noch von den Auswirkungen der Corona-Krise profitierten, sackten die Umsätze danach deutlich ab. In Schleswig-Holstein wurde nach 2022 ein Umsatz-Einbruch von ca. 30 Prozent vermeldet. Bis 2023 sank der Umsatz auf deutschen Wochenmärkten um weitere sechs Prozent. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen wandern die Kunden aufgrund von Inflation und gestiegener Lebensmittelpreise immer mehr zu günstigeren Discounter ab. Andererseits leidet das Marktgeschehen unter dem Generationswechsel bei den Beschickerinnen und Beschickern. Sie finden keine Nachfolger beziehungsweise keine Mitarbeiter mehr, die sich von der Aussicht, mitten in der Nacht aufzustehen, bei Wind und Wetter gutgelaunt Ware anzupreisen und über zehn Stunden täglich zu arbeiten, nicht beirren lassen.

Nach der Marktandacht im Dom schlendert Pastor Benjamin Pohlmann (r.) mit vier Besucherinnen hinüber zu den Ständen