Eine Waffel voll Sommer

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Sobald die Sonne uns wärmt, ist sie da: die Lust auf Eis und den Geschmack von unbeschwerter Kindheit. Eisdielen erzählen von gefrorenem Glück, das nach Vanille duftet

Eiskaltes Alltagsglück: tina-Redakteurin Uta Dietsch (49) mit ihren Töchtern Johanna (7) und Luisa (10)6
Fotos: Gunnar Geller

Es ist der einzige Ort der Welt, an dem die größte Sorge ist : Was, wenn die Eiscreme schneller schmilzt, als ich sie schlecken kann? Das Wesen des Eiscafés ist leicht und unbeschwert. Deshalb heißt unser zweites Zuhause „La Casa del Gelato“, die Eisdiele nahe des Marktplatzes. Sobald die Luft vor Hitze flirrt und die Haut nach Sonnencreme riecht, sind wir zur Stelle: meine Töchter und ich. Es ist heiß, wir brauchen Eis. Das klingt schon gut, aber ganz ehrlich? Wir essen hier selbst bei Nieselregen für unser Leben gern ein italienisches Eis. Es ist eine eigene kleine Welt Eisdielen-Chefin Signora Luisa Momo (77) betreibt seit 38 Jahren dieses Eiscafé im Hamburger Westen. Bis letztes Jahr gemeinsam mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann Carlo. Tatkräftig unterstützt wird sie von ihrem Sohn Loris (49) und ihrem Angestellten Giuseppe (54), der auch längst zur Familie gehört.

Früher gab es hier Eis aus Spinat, Basilikum oder Tomate

Als 18-Jährige kam Luisa nach Deutschland, der Aufbruch in ein neues Leben. „Meine Mama war nicht begeistert“, erinnert sie sich. „Ich war ja noch so jung. Aber mein Mann Carlo träumte von einem eigenen Eiscafé.“ Sie verließ ihre Heimat Conegliano in der Nähe von Venedig und folgte ihm aus Liebe. Erst nach Kamp-Lintfort, dann nach Emden. „Ich konnte kein einziges Wort Deutsch, und mein Mann sagte: ‚Geh zu den Gästen und frag, was sie möchten.‘“ Schüchtern nahm sie Bestellungen entgegen. Es funktionierte irgendwie, meistens jedenfalls. „Ich erinnere mich noch genau: Einmal brachte ich einem Mann einen Früchtebecher. Er lachte, weil er nur einen Aschenbecher wollte.“

Ihr Mann kreierte viele Eissorten, tüftelte immer weiter an den besten Rezepturen. Sohn Loris erinnert sich, dass sein Vater auch Basilikum-Eis machte. „Das mit Spinat kam auch gut an. Tomaten-Eis hatten wir auch. Im Grunde kann man ja aus allem Eis machen.“

1986 verschlug es Luisa und ihren Mann eher zufällig nach Hamburg-Blankenese. „Hier gefiel uns alles“, sagt sie. Sie bauten sich etwas auf. Dass es harte Arbeit war und ist, schwingt in jedem Satz mit, aber ohne Wehmut. Sie haben sich entschieden für sieben Arbeitstage die Woche, von morgens bis abends. Alle ziehen mit. An Urlaub war nie zu denken. Außer im Winter – da schließen sie bis heute für zwei Monate ihr Geschäft. Und fahren nach Italien.

„Mein Mann hat das Eismachen geliebt“, schwärmt sie. Noch immer zaubern sie das gefrorene Glück in ihrer kleinen Eisküche im Hinterzimmer des Eisladens selbst – im Sommer bis zu 40 Sorte

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