„Wag the Dog“ Der Krieg, der keiner ist

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„Wir führen einen Krieg gegen Albanien.“ „Wieso Albanien? Keiner kennt Albanien.“ „Umso besser.“

Ausschnitte aus „Wag the Dog“. Von links: Robert De Niro, Anne Heche, Dustin Hoffman
FOTO: MAURITIUS IMAGES/ALAMY STOCK PHOTOS(4)/ PICTORIAL PRESS, MOVIESTORE COLLECTION(2), COLAIMAGES; ISTOCK

Dieses kleine Zimmer neben dem Oval Office. Da passiert Ungeheuerliches. Der amerikanische Präsident hat eine Affäre mit einer Pfadfinderin. Das kommt heraus. Ausgerechnet zwei Wochen vor der Wahl. Wie will der Amtsinhaber seinen Stuhl jetzt noch verteidigen? Diese Frage stellt sich dem Sonderberater Conrad Brean (Robert De Niro). Der findet darauf schnell eine Antwort: ein Krieg. Gegen Albanien.

Das Besondere daran: In diesem Krieg erreicht keine einzige Rakete ihr Ziel. Es fällt noch nicht einmal ein Schuss. Denn diesen Krieg gibt es gar nicht. Brean erfindet ihn und verpflichtet den selbstverliebten Hollywoodproduzenten Stanley Motss (Dustin Hoffman), ihn zu inszenieren. Die wichtigste Regel Breans lautet: Es gibt einen Krieg, denn die Leute sehen ihn im Fernsehen.

Der Plot von „Wag the Dog“ hört sich an wie eine Aufarbeitung der Affäre Bill Clintons mit der Praktikantin Monica Lewinsky – doch er kam ein Jahr vor Bekanntwerden von Monicagate in die Kinos. Hatten Regisseur Barry Levinson und seine Drehbuchautoren die Informationen von Insidern? Über die Insiderinformationen lässt sich nur spekulieren. Dass Levinson und seine Mitstreiter das Geschäft, die Verstrickungen zwischen Showbusiness und Politik, die sie in „Wag the Dog“ parodieren, nur zu gut kannten, daran besteht kein Zweifel.

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Das Lexikon des internationalen Films schrieb: „Eine schwarze Komödie, die sich mit der Macht der Medien und der Manipulierbarkeit der Öffentlichkeit auseinandersetzt, deren fiktionaler Gehalt von der Realität eingeholt wurde.“

Nur wenige andere Filme sezieren derart scharf die Verquickung von Film- und Politikgeschäft, wie es „Wag the Dog“ tut. Was wir lernen: Deep Fakes sind kein Privileg des Internets respektive der künstlichen Intelligenz. Sie gab es damals schon – auch wenn man sie aufwendiger inszenieren musste: Da läuft Tracy Lime (Kirsten Dunst) im Studio über einen Steg und drückt dabei eine Tüte Chips an ihre Brust. Im Fernsehen sehen die Bürger später ein albanisches Mädchen, das ein Kätzchen aus einem bombardierten Dorf rettet. Wichtig ist nicht, ob es den Krieg wirklich gibt, den Brean und Motss da inszenieren. Wichtig ist, dass das Kätzchen weiß ist. Schneeweiß. Das kommt beim Publikum besser an.

„Wag the Dog“ ist nicht nur ein knallharter analytischer Film. Er ist auch zum Brüllen komisch. Etwa wenn James Belushi, der sich selbst spielt, in die Rolle des Vorzeige-Albaners gedrängt wird, als al

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