Verfassungsfeinde im Amt

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ANGRIFF AUF DIE FREIHEIT

Deutschlands demokratische Ordnung erlebt ihre größte Gefährdung seit 1949. Und das nicht durch radikale Oppositionskräfte. Es sind führende Politiker, die Grundrechte schleifen und das Verhältnis von Staat und Bürgern auf den Kopf stellen wollen. Gegenwehr ist so nötig wie noch nie

Als Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Inlandsgeheimdienstchef Thomas Haldenwang (CDU) und der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, am 13. Februar im Saal der Bundespressekonferenz auftraten, stellten sie formal ein „Maßnahmenpaket“ mit 13 Punkten vor, das sich nach Faesers Worten gegen „Rechtsextremismus“ richten sollte, eigentlich aber gegen ein Phänomen namens „neue Rechte“ gerichtet ist, das sie im selben Atemzug als Gegner nannte, ohne es näher zu umreißen. Nur einige Stunden vorher hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am selben Ort eine Studie vorgestellt: „Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht“ und wieder einmal ihr und Faesers Lieblingsprojekt, das „Demokratiefördergesetz“, beworben.

Das, was die vier in Berlin ankündigten, zielt, anders als sie es suggerieren, nicht ausschließlich auf Extremisten, sondern auf einen ziemlich großen Teil der Gesellschaft: auf alle, die nach Ansicht der beiden Politikerinnen und ihrer beamteten Helfer ein nicht näher definiertes „Staatswohl“ gefährden.

Der Tag, an dem das Quartett seine Pläne vorstellte, könnte in die Geschichte eingehen als der Moment, an dem sich die alte Bundesrepublik mit ihrem Grundrechtsversprechen still und von vielen unbemerkt auflöste. Und gleichzeitig als Tag eins einer neuen Ordnung, in der Staatsvertreter auch ganz offiziell ihre Rolle als Diener des Gemeinwesens abschütteln, um sich freimütig zu einem neuen Amtsverständnis zu bekennen: als Erzieher und Kontrolleur der Bürger, als Strafvollstrecker, und zwar auch dann, wenn diese gar nicht gegen geschriebene Gesetze verstoßen. Damit stellen Faeser, Paus, Haldenwang und ihre politischen wie medialen Unterstützer die Verfassungsordnung auf den Kopf. Denn bei den Bürgerrechten des Grundgesetzes handelt es sich ausdrücklich um Abwehrrechte gegen den Staat.

Der Staat darf sich nach bisheriger Rechtsvorstellung nicht in die politische Meinungsbildung einmischen. Er darf nach einem berühmten Urteil des Bundesverfassungsgerichts den Bürgern keine Bekenntnisse abverlangen. Trotzdem wird das jetzt versucht; und den Sturmlauf gegen das Grundgesetz führen nicht Oppositionspolitiker vom ideologischen Rand an, sondern höchste Amtsträger.

Haltung wichtiger als Gesetzestreue

Wie die schöne neue Haltungswelt aussehen soll, skizzierten die Grundgesetzallergiker in aller Ausführlichkeit. Künftig soll Haldenwangs Behörde schon bei einem nicht näher definierten „Gefährdungspotenzial��

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