Politischer Zwerg im Größenwahn

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DAS HAUSHALTSDRAMA

Christian Lindners Etat steht. Vorläufig. Der Etat des Bundes ist das beste Bild für die Arbeit der Ampel: Stückwerk, ein ewiges Hin und Her. Diese Regierung hat lediglich eine Idee, wie sie sich diesen Staat zur Beute macht – aber nicht, wie sie ihn gestaltet

Finanzminister Christian Lindner beim Dreikönigstreffen der FDP. Leere Versprechungen
FOTO: THOMAS KIENZLE/AFP VIA GETTY IMAGES

Erst will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) 5,2 Milliarden Euro aus der Arbeitslosenversicherung abzapfen. Dann berichten Medien, dass dieses Vorhaben verfassungsrechtlich bedenklich sei, und schwups – kurz vor der zweiten „Bereinigungssitzung“ – verwirft er seine Idee wieder. Ein Eindruck bleibt: Lindner verschiebt das Geld schneller, als Lucky Luke seinen Colt ziehen kann.

Als im Dezember 2021 die Ampel antrat, wollte Kanzler Olaf Scholz (SPD) eines besser machen: Nachtsitzungen sollten der Vergangenheit angehören: Sich bis vier Uhr nachts müde quatschen, sich um sechs Uhr auf eine „Osterruhe“ einigen, um neun Uhr die Osterruhe verkünden, ausschlafen, merken, dass die Osterruhe die Wirtschaft ruinieren würde, die Osterruhe wieder zurückrufen. Das war Angela Merkel (CDU). Olaf Scholz’ Kabinett sollte anders sein: ausgeschlafene Politiker mit ausgeruht verhandelten und intelligenten Entscheidungen.

Im Frühjahr 2024 ist Scholz mehr Merkel, als Merkel es je war: 5,2 Milliarden Euro aus der Arbeitslosenversicherung holen. Sich bis in die Nacht müde quatschen. Jemand reicht einen Zettel an: Das mit der Arbeitslosenversicherung ist verfassungswidrig. Blöd. Nehmen wir das Geld halt von den … äh, Bauern. Eine Milliarde Euro, für den Anfang. Verkünden, ausschlafen, merken, dass die Bauern ruiniert sind und auf die Barrikaden gehen. Zurücknehmen.

Aber das ist so einfach nicht, denn das Geld fehlt ja wirklich. Also: Zur Hälfte zurücknehmen, Bauern als Nazis brandmarken und hoffen, dass sie den Kompromiss trotzdem akzeptieren. Für die halbe Milliarde Euro was anderes suchen. In der nächsten Nacht …

Bezeichnend für Lindners und Scholz’ Gebaren: Die Internetseite des Finanzministeriums bietet zwar eine Übersicht mit Links zum Haushalt an, doch in der Sammlung fehlt eine Übersicht mit den Eckwerten. Stattdessen gibt es Verweise auf Reden und Interviews des Finanzministers zum Thema Haushalt. Der Bürger soll nur lesen, was ihm Lindner suggeriert – dass er, der Bürger, ganz doll Steuern spare dank des FDP-Chefs und der Haushalt trotzdem mordsstabil sei. Die Eckwerte reicht das Finanzministerium erst spät nach.

Deutlichere Übersichten liefert das Statistische Bundesamt. Dessen Zahlen sagen etwas ganz anderes aus über die Stabilität des Ampelhaushalts: Demnach hat allein der Bund zwischen dem 1. Januar und dem 30. September 2023 insgesamt 75,9 Milliarden Eur

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