Macht endlich Politik für die Bürger!

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ÜBERALL PROTESTE

Die Ampelparteien SPD und FDP zerfallen auf offener Bühne – und auch die Unionspolitiker bieten sich kaum als Alternative an. Die politische Klasse Deutschlands scheint es verlernt zu haben, sich einfach an Mehrheiten zu orientieren. Dabei wäre das nicht einmal schwer

Kanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner (v. r.). Desaströse Umfragewerte
FOTO: MICHELE TANTUSSI/GETTY IMAGES

Kaum eine Wendung benutzten Sozialdemokraten früher so oft und gern wie den Satz: „Die SPD ist eine stolze Partei.“ Historisch gab es auch viele Gründe für ihre Politiker, so zu reden. Die SPD stieg im Kaiserreich nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes zur stärksten aller Parteien auf. In der Weimarer Republik trug sie alles in allem zur Stabilität des Staats bei, anders als die KPD auf der einen und die Deutschnationalen auf der anderen Seite, von Hitlers Partei ganz abgesehen.

In der Bundesrepublik schloss sie in Godesberg endlich ihren Frieden mit der Marktwirtschaft. Mit Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder erreichte sie über 40 Prozent der Wählerstimmen. Diese Geschichte klingt heute fast unwirklich. Unter dem faden Schräubchendreher der Macht Olaf Scholz erreicht sie in Umfragen nur noch 15 Prozent. Keine Kanzlerpartei der Bundesrepublik sank je so tief.

Bei den kommenden Landtagswahlen blickt die SPD erstmals in ihrer Geschichte in den Abgrund der außerparlamentarischen Existenz: In ihrem einstigen Stammland Sachsen, wo 1863 die Vorläuferorganisation Allgemeiner Deutscher Arbeiterverband entstand, taxiert sie eine neue Umfrage nur noch auf drei Prozent. Nebenan in Thüringen steht sie gerade bei sieben Prozent, also schon in der Todeszone kurz vor der Fünfprozenthürde. Auch bei der nächsten Landtagswahl in Bayern könnte die älteste deutsche Partei an dieser Grenze scheitern: 2023 holte sie gerade noch 8,6 Prozent.

Eine Partei, die Deutschland über Generationen mitprägte, und das durchaus erfolgreich, löst sich vor aller Augen auf. Das Merkwürdigste: es gibt keine Rebellion von unten. Keine Rettungsaktion, ob nun durch einen Koalitionswechsel weg von den Grünen oder wenigstens den Versuch, sich wieder auf die Stammwähler zuzubewegen. Es wirkt so, als würde sich die Partei einfach ihrem Schicksal ergeben.

Das Gleiche gilt für die FDP. Die Umfragen sehen sie bundesweit bei fünf Prozent. Hinter den Freidemokraten liegt eine lange Niederlagenserie bei den Landtagswahlen. Vor ihnen auch. In einer Mitgliederbefragung votierte eine hauchdünne Mehrheit dafür, in der Ampelkoalition zu bleiben. Allerdings stimmte nur ein Drittel der Mitglieder überhaupt ab. Auch hier scheinen die meisten nur noch zu warten, bis für die Partei von Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher demnächst endgültig der Vorhang fällt.

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