Zurück zu den Wurzeln

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CDU

Die CDU diskutiert derzeit ihr neues Grundsatzprogramm. In manchen Punkten emanzipiert sie sich von der Ära Merkel, in manchen kehrt sie zu konservativen Positionen zurück. In vielen Fragen weicht sie allerdings einer Festlegung aus oder formuliert ihre Position als vagen Formelkompromiss

Demontage der Parteibuchstaben nach dem Bundesparteitag 2018 in Berlin. Seitdem wird über ein neues Grundsatzprogramm gestritten
FOTO: SEAN GALLUP/GETTY IMAGES

Grundsatzprogramme, Leitbilder, Manifeste, Deklarationen und dergleichen sollen eine Wirkung nach außen und nach innen haben. Der beabsichtigten Außenwirkung, nämlich Sympathisanten, Anhänger, Unterstützer, Geldgeber, Mitglieder, ja Wähler zu gewinnen, geht die Binnendynamik voraus: Man will sich intern programmatisch, ideell, ideologisch vergewissern, die Reihen hinter alten oder neuen Leithammeln schließen, sich modern geben, womöglich auch alte Programme und unbeliebt gewordene Protagonisten hinter sich lassen.

Womit wir bei der CDU gelandet sind, denn die Christdemokraten brauchen nach Jahrzehnten ideeller respektive ideologischer Linksverschiebungen und willkürlich-politischer Beliebigkeiten à la Merkel eine Blutauffrischung – und eben auch neue Mitglieder. In den Merkel-Jahren ist die CDU-Mitgliederzahl nämlich von 616 000 im Jahr 2000 um fast 40 Prozent auf rund 370 000 (2023) gesunken. Ob der CDU das gelingen wird, hängt maßgeblich von ihr selbst und von ihrer Geschlossenheit ab. Das aktuelle Grundsatzprogramm stammt übrigens aus dem Jahr 2007.

Nun hat die CDU-Grundsatzkommission einen Entwurf für das neue „Grundsatzprogramm 2024“ präsentiert. Vorgestellt wurde der Entwurf auf Basis der 22 Monate währenden Debatten in elf Fachkommissionen mit insgesamt 28 Arbeitskreisen von den drei Vorsitzenden der CDU-Grundsatzkommission: Generalsekretär Carsten Linnemann, dem thüringischen Landesvorsitzenden Mario Voigt und der früheren nordrhein-westfälischen Integrationsstaatssekretärin und Laschet-Protegé Serap Güler.

Das Programm trägt den Titel „In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“. Offiziell beschlossen wurde der Entwurf vom Bundesvorstand bei einer Klausur am 12./13. Januar 2023 in Heidelberg. Danach soll der Entwurf bei Regionalkonferenzen mit den Mitgliedern diskutiert und dann von den 1001 Delegierten auf dem Par- teitag vom 6. bis 8. Mai in Berlin verabschiedet werden. Es wird also voraussichtlich vor der Europawahl am 9. Juni ein neues CDU-Programm geben. Wohl noch mehr als die Europawahl brennen den CDU-Vorderen die Landtagswahlen am 1. September 2024 in Sachsen und Thüringen sowie am 22. September 2024 in Brandenburg auf den Nägeln. Dort könnte die AfD jeweils die stärksten Fraktionen stellen, gegen die ein Regieren allenfalls mit geduldeten Minderheitsregierungen oder in einer Vier-Parteien-Regierung denkbar

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