Tagesspiegel Freizeit
1 July 2016
Landschaft mit großem Ruf Die Uckermark ist so was wie der Prenzlauer Berg des Berliner Umlands. Jahrzehntelang vergessen und ziemlich heruntergekommen – und plötzlich neu entdeckt, renoviert und mit der Macht einer Völkerwanderung erobert. Nur, dass diesmal die Berliner kommen, nicht die Schwaben. Was zieht sie dorthin? Die sanften Hügel, die schwarzäugigen Seen in dichten Wäldern und die weit reichenden Äcker sind berühmt. Aber schön ist es auch im Havelland, in der Prignitz, im Fläming und im Spreewald. Mittelalterliche Städte? Die Zerstörungen vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Hitler-Reich waren gewaltig. Seen und seltene Tiere? Gibt es überall in Brandenburg, da schaut man ja selbst beim Seeadler nur noch kurz auf. Nicht mal die große Nähe zu Berlin – bloß eine gute Stunde vom nördlichen Stadtrand mit Auto oder Bahn – hat die Uckermark exklusiv. Exklusiv hat die Uckermark ihren Ruf. Schwer zu fassen, warum. Künstler und Kulturelle soll es schon zu DDR-Zeiten dorthin gezogen haben. Auch ein bisschen so wie im Prenzlauer Berg, nur dass auf Nachfrage kaum jemand sagen kann, welche DDR-Künstler denn eigentlich in der Uckermark gelebt hätten. Sicher ist, dass sie jetzt da sind: die Autoren, Schauspieler, Musiker, Maler und Filmemacher, wie Harald Martenstein schreibt, der selber ein Zugezogener ist. Und sicher ist auch, dass sie in ihren Hütten und Häusern nun ein Buch, einen Aufsatz, einen Film über ihre Wahl- und Teilzeitheimat in die Welt entlassen. Und so den Ruf mehren. Das macht – neugierig. Auf die Landschaft, auf die Menschen, auf ihre Städtchen wie Prenzlau oder Angermünde, die gerade begonnen haben, sich selbst neu zu erfinden. Auf Wildnis und Badeseen. Und natürlich auf die zarten Knospen einer neu entstehenden Restaurant- und Übernachtungskultur. Der Vorteil der Uckermark gegenüber dem Prenzlauer Berg: Sie ist so weitläufig und immer noch so leer, dass die paar Berliner ruhig kommen können. Marcus Franken, Redaktionsleiter
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