Der Mann, der das „Buchenwaldkind“ war

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ERINNERUNG

Fast die ganze Familie von Stefan Jerzy Zweig wurde von den Nazis ermordet. Er überlebte wie durch ein Wunder. Der DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“ machte seine Geschichte berühmt. Nun starb er 83-jährig in Wien

Stefan Jerzy Zweig bei seinem letzten Besuch in der Gedenkstätte Buchenwald 2019. Als Kind (Foto) litt er hier im Nazi-KZ
Szenen aus dem DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“. In den Hauptrollen u. a. Erwin Geschonnek und Armin Mueller-Stahl. Ausgestrahlt in mehr als 60 Ländern war das Drama um ein von Kommunisten im KZ Buchenwald gerettetes Kind der erfolgreichste Film aus DDR-Produktion
FOTOS: SuperIllu/Nikola Kuzmanic (2), imago images, dpa Picture-Alliance/Martin Schutt, DEFA-Stiftung/Waltraut Pathenheimer (2)

Die Geschichte des kleinen Jungen im Konzentrationslager Buchenwald bewegte die Herzen von allen, die den berühmten DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“ von 1963 (oder dessen Neuverfilmung 2015) jemals sahen. In Wahrheit war das Schicksal des Kindes sogar noch schrecklicher als die Filmgeschichte …

Als Stefan Jerzy Zweig im Januar 1941 als Sohn eines jüdischen Anwalts in Krakau geboren wurde, hatte der Massenmord der Nazis an den Juden bereits begonnen. Wie die meisten Juden wurde seine Familie zunächst in ein „Getto“ gepfercht. Von dort deportierten die Nazis viele Juden direkt in die Vernichtungslager, darunter Auschwitz, Belzec und Treblinka. Andere wurden, wie die Zweigs, zunächst als Zwangsarbeiter versklavt.

Nicht arbeitsfähige Kinder brachten die Nazis in der Regel sofort um. Der kleine Stefan entging diesem Schicksal. Während die Nazis das Getto durchkämmten, ließ Vater Zacharias das Kind von einer Ärztin betäuben und verbarg es in einem Rucksack. Am 5. August 1944 trennten die Nazis die Familie. Mutter Helena und Tochter Sylwia wurden als Zwangsarbeiter nach Leipzig verschleppt und wenig später in Auschwitz ermordet. Der Vater kam (mit seinem Sohn im Gepäck) in das KZ Buchenwald. Dass der dreijährige Stefan bis zur Befreiung des Lagers am 11. April 1945 überlebte, hatte er vor allem den kommunistischen Funktionshäftlingen, den „Kapos“ zu verdanken, die dabei halfen, ihn zu schützen.

Nach der Befreiung des Lagers wanderte sein Vater Zacharias mit ihm nach Israel aus. Vater und Sohn lebten wie viele Holocaust-Überlebende dort recht arm und beschwerlich.

1963 klopften Reporter aus der DDR an der Tür. Sie erzählten von dem DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“ und luden Stefan und seinen Vater ein, in die DDR zu kommen. Der Trubel um seine Person in Ost-Berlin erschien dem jungen Mann zunächst als Segen. Er beschloss, in der DDR zu bleiben, machte eine Ausbildung zum Kameramann, heiratete, ein Sohn wurde geboren.

Stefan Jerzy Zweig (Mitte) 1964 mit einem seiner Retter, dem Kommunisten Robert Siewert (l.) und dem „Nackt unter Wölfen“-A

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