Ein Buch über Ostfrauen …

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BUCHTIPP

…was auch immer diese Schublade bedeutet. Drei Freundinnen sprechen in 7 Nächten über ihre Prägungen und räumen ernsthaft und witzig zugleich mit Klischees auf. Exklusive Leseprobe

„Wir sollen uns die Nächte um die Ohren schlagen und über den idealen Staat nachdenken. Die Ostfrau, die mit Wodka und Zigarette in der Küche über Ideal(e) und Wirklichkeit(en) fabuliert, während sich der Abwasch türmt. So weit der Auftrag und das Klischee.“

Drei Frauen lehnen an der Brüstung eines Balkons in der achten Etage eines Berliner Plattenbaus. Sie sind nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt. An ihrem Habitus werden sie früher oder später als Ostdeutsche erkennbar sein. Oder sich selbst zu erkennen geben.

Peggy: Unser Wohnzimmer mit Schrankwand und Couchgarnitur befand sich im Erdgeschoss eines Hauses, das mitten auf dem Betriebsgelände des VEB Energiekombinats Dresden stand. 2012 wurde es abgerissen. Annett: In meiner Familie trank meine Mutter das Bier. Die 60 Jahre ihrer Ehe hat der Kellner das Bier ungefragt meinem Vater hingestellt und das alkoholfreie Erfrischungsgetränk meiner Mutter.

Peggy: Was habe ich in den 90ern getrunken? Rotwein wahrscheinlich. Baileys? Whiskey? Wir wollten Boheme sein. ANNETT: In den Achtzigern Bier, Wodka-Cola, Gin Tonic. (Der Gin Tonic im Palast der Republik war der beste.) WENKE: Bier kam bei mir später, nach dem trockenen Weiß- und Rotwein.

ANNETT: Weinbrand zum Kaffee, am liebsten französischen, aber es reichte nur für Goldi, Goldbrand, und nie vor Einbruch der Dunkelheit. Dann im neuen Leben im Winter Rotwein, im Sommer Weißwein oder Rosé. Harte Getränke verstauben in der Speisekammer.

BUCHTIPP „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“, Gröschner, Mädler, Seemann, 288 S., 22 €, Hanser. Wir verlosen 3 Bücher.* Schreiben Sie uns an post@superillu.de (Betreff: Frau), warum Sie ein Buch gewinnen sollten! Die drei lustigsten Einsendungen gewinnen (bis 26.3.24).

Geboren in der DDR: Autorin und Dramaturgin Peggy Mädler (Jahrgang 1976), Schriftstellerin und Journalistin Annett Gröschner (1964) und Künstlerin und Sozialwissenschaftlerin Wenke Seemann (1978; v.l.)

PEGGY: So, den Alkohol haben wir, jetzt mal zügig weiter mit den vielen anderen Ostfrauen-Klischees, sonst ist die halbe Nacht rum und wir haben gerade erst angefangen.

WENKE: Ostfrauen sind unprätentiös. Als Sibylle Bergemann bei einem Dokumentarfilmdreh aufgefordert wird, mal etwas netter in die Kamera zu schauen, sagt sie: „Ich bin nicht nett!“

ANNETT: Ich bin annett wie anorganisch, wird auch oft missverstanden.

PEGGY: Ich fürchte, ich bin überwiegend nett. Ich lächle ganz viel weg.

WENKE: Ich meine diese unprätentiöse Art, mit dem öffentlichen Blick umzugehen. Wie in Helke Misselwitz’ Dokumentarfilm „Winter adé“ vo

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