„ AfD-Regierung? Das wäre eine Verhöhnung der Nazi-Opfer!“

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INTERVIEW

So warnt der Chef der Thüringer Gedenkstätte Buchenwald, Prof. Dr. Jens-Christian Wagner im Interview mit SuperIllu davor, die AfD zu wählen

Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, 57, ist Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

Herr Wagner, wenn es nach der Wahl 2024 zu einer Thüringer Landesregierung mit AfD-Beteiligung kommt –was würde das für Ihre Arbeit bedeuten?

Es würde formal bedeuten, dass wir einen Stiftungsratsvorsitzenden von der AfD oder von Gnaden der AfD hätten. Laut Stiftungsgesetz ist nämlich der für Kultur zuständige Minister der Landesregierung Vorsitzender des Stiftungsrates. Der Stiftungsrat wacht vor allem über den Haushalt und das Personal der Stiftung. Darüber hinaus würde eine AfD-Beteiligung an der Regierung bedeuten, das sie direkten Einfluss auf unseren Haushalt nehmen und ihn reduzieren könnte. Geschichtsrevisionistische, antisemitische und rechtsextreme Positionen dürfen wir nicht dulden. Es darf keine Toleranz gegenüber der Intoleranz geben. Wenn wir mit einem Landtagspräsidenten oder einem Regierungsvertreter der AfD zusammenarbeiten würden oder mit ihnen gemeinsame Veranstaltungen machen würden, hieße es, solche Positionen gesellschaftsfähig zu machen und damit zu ihrer Normalisierung beizutragen. Es hieße, Positionen zu dulden, die das Leiden der KZ-Häftlinge kleinreden oder relativieren. Das wäre eine Verhöhnung der Nazi-Opfer.

Welche Äußerungen von AfD-Politikern haben sie da besonders gestört?

Aus der AfD werden notorisch Angriffe auf die Erinnerungskultur und die Gedenkstättenarbeit vorgetragen und geschichtsrevisionistische Positionen vertreten. So forderte der Thüringer AfD-Chef Höcke bekanntlich eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ und ein Geschichtsbild, das „uns vor allen Dingen und zu allererst mit den großartigen Leistungen der Altvorderen in Berührung bringt“. Ständig wird die Arbeit in den Gedenkstätten aus den Reihen der AfD als „Schuldkult“ diskreditiert, ein Begriff übrigens, den der Ex-SS-Unterscharführer und spätere Republikaner-Chef

Berühmter Film

„Nackt unter Wölfen“ (1962), der weltweit erfolgreichste DDR-Film, erzählt vom Leid im Nazi-Konzentrationslager Buchenwald

Schönhuber in den 1980ern geprägt hat. Der AfD-Ehrenvorsitzende Gauland nannte die NS-Zeit einen „Vogelschiss in über 1 000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“. Beliebt ist in der AfD-Propaganda auch die Täter-Opfer-Umkehr. Die eigentlichen Kriegsverbrecher seien die Alliierten gewesen, heißt es zum Beispiel. Der 2023 knapp gescheiterte Nordhäuser AfD-Oberbürgermeisterkandidat Jörg Prophet setzte in Blogeinträgen auf der Website der AfD Nordhau

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