GOLDENE GENERATION

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Mission Titel!

Das Special zur Fussball-WM in Australien und Neuseeland

Fotos: KATRIN BINNER

WM 2023

Kapitänin Alexandra Popp ist Deutschlands wichtigste Fußballerin. Ein Gespräch über die Entwicklung des Sports, ihre Rolle auf und neben dem Platz – und was sie der neuen Generation mit auf den Weg gibt

SPORTS ILLUSTRATED: Wenn Sie bei der Weltmeisterschaft vor dem ersten Gruppenspiel gegen Marokko auf dem Platz stehen und die Hymne läuft: Was überwiegt, die Vorfreude aufs Turnier oder der Druck?

ALEXANDRA POPP: Den Druck versuche ich ein bisschen auszublenden. Uns als Team ist aber schon klar, dass ein gewisser Druck auf uns lastet, wir haben ja ein Ziel vor Augen. Und natürlich liegt auch das Thema Frauenfußball auf unseren Schultern, dass wir die nächsten Schritte gehen.

Sie spielen also nicht nur um den Titel, es geht für Sie um mehr: das Turnier als Richtungsweiser für den Frauenfußball in Deutschland?

Ja, definitiv. Mit der Europameisterschaft 2022, als wir erst im Finale gegen England unterlagen, haben wir eine gute Ausgangsposition geschaffen. Mit dieser WM können wir das Ganze bestätigen. Ansonsten gehe ich eher mit Vorfreude und dem Genuss rein, so ein Turnier spielen zu dürfen und Länder wie Australien zu erleben. Ich bin sehr naturverbunden und auf die Vegetation gespannt, ob man Kängurus und Koalas in freier Wildbahn sieht.

Sie sind die einzige Spielerin im deutschen Kader, die schon bei der Heim-WM 2011 dabei war. Wie sehen Sie die Entwicklung seitdem?

Man hätte nach der WM in Deutschland die Professionalisierung schon viel, viel früher vorantreiben können, dann wären wir jetzt weiter. Es hat mittlerweile den Anschein, dass wir ernst genommen und wahrgenommen werden; dass das, was wir tun, anerkannt wird. Ich hoffe, dass man da dranbleibt. Ansonsten hat sich der Sport extrem weiterentwickelt. Manche Spielerinnen können vom Fußball mittlerweile leben, daran war damals noch nicht wirklich zu denken. Aber ich hätte mir gewünscht, dass das alles etwas schneller passiert wäre.

Warum hat sich diese Entwicklung, die während der WM 2011 fast auf der Hand zu liegen schien, so gezogen?

Da spielen viele Dinge eine Rolle, angefangen mit dem Verband, der wahrscheinlich gedacht hat, das würde alles von alleine laufen, nachdem man sich um die Heim-WM sehr bemüht und alles groß aufgezogen hat. Aber alles, was danach kam, wurde quasi vom Winde verweht. Die Chance hat man damals verpasst. Das läuft jetzt einfach besser, man hat auch uns Spielerinnen besser integriert. Außerdem sind wir, was die Anzahl der Spielerinnen und Ex-Spielerinnen angeht, relativ viele, die in den Dialog gehen. In anderen Ländern geht man die Schritte in Sachen Professionalisierung und Vermarktung noch konsequenter, sodass wir aufpassen müssen, dass wir nicht überholt werd