DIE SUCHE NACH DER SPUR GLÜCK ZUM

8 min lesen

SKI ALPIN

Sie ist auf dem Weg zur er folgreichsten Skirennläuferin aller Zeiten – doch neben Erfolgen hat MIKAELA SHIFFRIN auch Rückschläge und Tragödien erlebt, in ihrer Karriere und in ihrem Leben. Ein Gespräch über Siege, Niederlagen und den Umgang mit der Angst

FOTOS: VORHERIGE SEITE: PR; DIESE SEITE: GETTY IMAGES, PR

MIKAELA SHIFFRIN fand die Krönungszeremonie recht lustig. Einen langen Samtmantel mit Hermelin hatten sie ihr damals im Januar 2013 umgehängt, eine Glitzerkrone aufgesetzt, schließlich platzierte man sie noch auf einem hellblauen Thron. So wie es eben Usus ist bei der Siegerehrung der alljährlichen Skirennen von Zagreb. Die 17-jährige US-Amerikanerin hatte nur zwei Wochen nach ihrem allerersten Sieg zum zweiten Mal ein Weltcup- Rennen gewonnen, nun spritzte sie mit Champagner um sich und amüsierte sich vor Reportern, jetzt habe sie endlich ein Kostüm für die nächste Halloween- Party – bis sie plötzlich mit Bedauern feststellte, dass in all dem Trubel aus der herrlich funkelnden Krone einige Zacken abgebrochen waren.

Aber vielleicht war das schon ein Sinnbild für das, was noch kommen sollte. Ein Zeichen, dass bei ihr nicht alles kitschig glatt und märchenhaft weitergehen sollte, dass einige Schrammen kamen, Kratzer, Brüche. Dass manches kaputtging. In der Karriere. In der Seele. Im Leben.

Knapp zehn Jahre später, Dezember 2022. Mikaela Shiffrin sitzt in ihrem Hotelzimmerim italienischen Sestriere, zwei Tage vor dem nächsten Riesenslalom, es wird das 225. Weltcup-Rennen ihrer Karriere. Shiffrin nimmt sich an diesem Donnerstagabend per Videocall viel Zeit für ein Gespräch, nach dem man ganz gut versteht, was sie noch antreibt, wie sehr der aufgedrehte Teenager von damals zu einer gestandenen Persönlichkeit gereift ist - und warum gerade Krisen sie dazu geformt haben. Die sportlichen Niederlagen. Die persönlichen Tragödien. Die Psyche. Die Angst.

Natürlich geht es auch um die Rekorde, wie immer schon seit Anbeginn ihrer Karriere. Schon 2013 bekam sie die Frage gestellt, ob sie glaube, einmal Annemarie Moser-Pröll zu überholen, die in den 1970ern sechsmal den Gesamt-Weltcup gewonnen hatte. Ganz hat Shiffrin Österreichs Ski-Legende noch nicht erreicht, bislang steht sie bei vier großen Kristall kugeln. Dafür stellte sie viele andere Bestmarken auf. Jüngste Slalom-Olympiasiegerin (20X4 mit 18), viermal in Folge Weltmeisterin in einer Disziplin (2013 bis 2019 im Slalom), 17 Weltcup-Siege in einem Winter (2018/19), der größte Vorsprung auf die Zweitplatzierte in einem Slalom (3,07 Sekunden, 201,5). Und noch einige mehr.

Oft thematisiert wurde in den vergangenen Monaten vor allem die Jagd auf die lange unerreichbar scheinenden Spitzenwerte von Ingemar Stenmark mit 86 und Lindsey Vonn mit 82 Weltcup-Siegen. Exakt einen Monat nach dem Gespräch